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Bahn lehnt Pilotprojekt zur Fahrradmitnahme ab

ADFC: DB-Boykott „Schallende Ohrfeige“ für Tiefensee

Ein Pilotprojekt zur Fahrradmitnahme im Hochgeschwindigkeitszug ICE wird es nach dem Willen der Deutschen Bahn AG vorerst nicht geben: „Dies ist derzeit nicht vorgesehen“, so DB-Sprecher Achim Stauß gegenüber dem Radwelt Magazin des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Somit bleibt die Mitnahme von Fahrrädern im InterCityExpress weiterhin nicht erlaubt.

Vorausgegangen waren wochenlange Verhandlungen mit dem Bundesverkehrsministerium. Denn die Forderung nach einem Modellversuch mit mehreren ICE-Strecken, auf denen gängige Fahrräder regulär mitgeführt werden können, kam von Minister Wolfgang Tiefensee (SPD).

Der ADFC-Bundesvorsitzende Karsten Hübener betrachtet die Ablehnung der Bahn deshalb als „schallende Ohrfeige“ für Tiefensee und sein Ministerium: Die Haltung der DB, so Hübener, „schädigt den Fahrradtourismus in Deutschland und zwingt Fahrradreisende zum Umstieg in Auto oder Flugzeug.“ Zudem zeige die DB-Entscheidung, dass der Konzernvorstand der noch immer bundeseigenen Bahn einen Vorschlag des zuständigen Verkehrsministers offenbar nicht ernst nimmt.

Die DB ignoriert dabei nicht nur die Forderungen der Politik , sondern auch die Wünsche ihrer eigenen Kunden: Nach einer aktuellen und repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag des ADFC Berlin halten 80 Prozent der Deutschen die Mitnahme von Fahrrädern im ICE generell „für ein wichtiges Serviceangebot der Bahn“. Und 57 Prozent der Befragten (insgesamt 1.003 Personen) wollen ihr eigenes Fahrrad im ICE mitnehmen. Dieser Zugtyp macht bereits mehr als zwei Drittel der Fernverkehrsleistung der Bahn aus, auch viele Urlaubsregionen in Deutschland können mit anderen Fernverkehrszügen wie IC, EC oder Nachtzug nur umständlich oder gar nicht mehr erreicht werden.

Dabei ist die Nachfrage groß: Mehr als zwei Millionen Deutsche unternehmen pro Jahr eine längere Radreise, rund 250.000 nutzen dafür auch die Fern- und Nachtzüge der Deutschen Bahn, in denen sie Stellplätze für ihre Velos sicher reservieren können. Allerdings: Mitte der 90er Jahre waren die Reservierungszahlen noch doppelt so hoch. Grund: Die Bahn reduziert ihre Angebote für Reisende, die mit eigenem Rad unterwegs sind, kontinuierlich. Auch deshalb, weil immer mehr InterCity-Strecken durch den ICE ersetzt werden. Viele regionale Touristiker in Deutschland, die auf den Wachstumsmarkt Fahrradtourismus setzen, fühlen sich deshalb von der Bahn im Stich gelassen.

Beim Fahrrad-Verbot im ICE beruft sich die Bahn auf eine vermeintliche Anfälligkeit dieser Züge für Verspätungen sowie auf „wirtschaftliche Einbußen“ durch den Wegfall von Sitzplätzen. Diese Argumente hat die DB jedoch nie belegen können, Ergebnisse einer ersten Teststrecke 2002 zwischen Stuttgart und Zürich wurden nie veröffentlicht. Eine von Tiefensee vorgeschlagene, unabhängige Auswertung der Fahrradmitnahme im Rahmen des ICE-Modellversuchs wird mit dem „Nein“ der DB nun hinfällig.

Für den ADFC werde nun immer deutlicher, dass trotz aller Bekenntnisse zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit die Bahn eine Konzernpolitik praktiziert, die – statt die klimafreundliche Kombination aus Fahrrad und Bahn zu fördern – die Radreisenden aufs Abstellgleis rangiert: „Das kann im Interesse des Klimaschutzes nicht akzeptiert werden“, so der ADFC-Bundesvorsitzende Karsten Hübener.

Neue DB-Angebote wie die befristete Gratis-Mitnahme von Fahrrädern auf zwei InterCity-Strecken in Süddeutschland sowie die geplante Möglichkeit zur Online-Buchung von Fahrradstellplätzen machen für den ADFC nur dann Sinn, wenn die Fahrradmitnahme im gesamten Fernverkehrsnetz langfristig gewährleistet wird – auch im ICE.

„Einzige Lösung ist“, so Hübener: „im Eisenbahngesetz die Fahrradmitnahme in allen Zügen zu verankern.“ Der ADFC-Bundesvorsitzende appelliert deshalb heute in einem Brief an Wolfgang Tiefensee, „unverzüglich die dafür notwendigen Schritte einzuleiten“.

7. September 2007 von Pressemitteilung

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