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Markt - Günstige E-Bikes

Die Quadratur des Kreises

Angesichts von Inflation, hohen Energiepreisen und der damit verbundenen allgemeinen Kaufzurückhaltung könnte man meinen, dass E-Bikes im günstigeren Preissegment beim Endverbraucher sehr gefragt sind. Stattdessen scheinen sie im Fachhandel kaum eine Rolle zu spielen. Ob dem tatsächlich so ist, wie sich tiefe Preise halten lassen und was das mit der Marge macht – ein Überblick.

Gute E-Bikes haben ihren Preis. Und der ist hoch. Zumindest scheint sich diese Wahrnehmung in den Köpfen der Menschen, in den Medien und sogar auf KI-Plattformen festgesetzt zu haben. Beispiele sind die junge Dame, die im Youtube-Video eines Lokalsenders bemängelt, dass E-Bikes »schon gut, aber teuer« seien, der Blogbeitrag der Verbraucherzen-trale, in dem steht, »der oftmals hohe Preis erlaubt meist nur Haushalten mit hohem und mittlerem Einkommen, ein E-Bike zu kaufen« und auf die Frage, ob teure oder günstige E-Bikes gefragter seien, antwortet sogar Chat GPT: »Es lässt sich beobachten, dass die Nachfrage nach teureren E-Bikes in den letzten Jahren gestiegen ist.«
Bedeutet das, E-Bikes dürfen, ja müssen sogar einen mittleren bis hohen vierstelligen Betrag kosten, um als qualitativ hochwertig und attraktiv für den Endkunden zu gelten? Lässt sich ein Preis von weniger als 3000 Euro tatsächlich nur halten, wenn in Sachen Qualität Abstriche gemacht werden? Dem widerspricht die Tatsache, dass es eine vergleichsweise kleine, aber wachsende Anzahl an Herstellern gibt, die bewusst E-Bikes zum erschwinglichen Preis anbieten, ohne nach eigener Aussage die Bau- und Ausstattungsqualität zu mindern.

Die Preise steigen – oder doch nicht?

»Sushi Bike funktioniert, weil wir ein E-Bike zu einem Preispunkt auf den Markt gebracht haben, was keinem anderen E-Bike groß nachsteht, außer, dass es wirklich günstiger bei gleicher Qualität ist«, heißt es aus dem Unternehmen, dessen aktuelle zwei E-Bike-Modelle beide für 1399 Euro zu haben sind.
Damit scheint Sushi Bike beim Blick auf die reinen Marktzahlen gegen den Trend zu rollen. Auch dass sich Mitbewerber wie Leader Fox aus Tschechien nach eigenen Worten bewusst für das günstigere Preissegment entschieden haben, scheint vielleicht erst mal widersinnig.

Neue Anbieter wie etwa Tenways, Hepha und einige mehr, setzen darauf, über den Fachhandel die besonders preissensitive Kundschaft abzuholen.

Der Verband des Deutschen Zweiradhandels (VDZ) verzeichnet nämlich eine Durchschnittspreisentwicklung im E-Bike-Bereich von 2500 Euro im Jahr 2017 auf aktuell 3570 Euro. Der Marktdatenreport des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV) spricht von einem durchschnittlichen Bruttoverkaufspreis über alle Kanäle und Modellgruppen von 2200 Euro in 2019 auf 2950 Euro in 2023. Tendieren die Menschen trotz Krisen und Geldknappheit also doch eher zum teuren E-Bike? Die Antwort ist: Es kommt darauf an, wie man es betrachtet.

Kommt die Trendwende?

Die steigenden Durchschnittspreise seien, so der ZIV, nicht unbedingt ein Zeichen dafür, dass generell mehr Geld für E-Bikes ausgegeben wird. Vielmehr lägen sie darin begründet, dass der Anteil an E-Lastenrädern zugenommen habe (plus 14,5 % im Vergleich zu 2022). Diese Bike-Gattung ist teuer. So teuer, dass sie den gesamten Durchschnittspreis nach oben zieht. Auch sei im Fachhandel das Angebot oft so gestaltet, dass dort eher hochpreisige Modelle stehen, weiß Hans-Peter Obermark vom VDZ: »Der Kunde erwartet wahrscheinlich diese Preisklassen im Fachhandel. Das wird sich aus unserer Sicht aber wieder ändern«, mutmaßt er. Auch Pavel Müller, Gründer von Leader Fox, ist überzeugt: »Das günstige Preissegment wird oft übersehen. Damit lassen sich neue Kundenkreise erschließen und E-Bikes für jeden zugänglich werden.« Bei Leader Fox machen E-Bikes bis 3000 Euro etwa 40 Prozent des Fahrrad-Gesamtumsatzes aus.

»Gerade größere Geschäfte und die Ketten schenken dieser Preisklasse wieder mehr Aufmerksamkeit.«

Hans-Peter Obermark, VDZ

Ein wenig anders sieht es noch im breiten Markt aus: Aktuell liegt der Anteil an E-Bikes mit einem Preisschild unter 3000 Euro unter den VDZ-Mitgliedern bei weniger als zehn Prozent. Allerdings stellt der Verband gerade einen Trend fest, dass »gerade größere Geschäfte und die Ketten dieser Preisklasse wieder mehr Aufmerksamkeit schenken und versuchen, mit Marken wie Tenways in diesem Bereich wieder stärker vertreten zu sein und ihn nicht den fachhandelsfremden Kanälen zu überlassen«.

Eine Frage der Marge: Direktvertrieb oder Fachhandel?

Besagtes Unternehmen, Tenways, wurde 2021 über Crowdfunding gegründet mit der Mission, »hochwertige E-Bikes für alle zugänglich zu machen«. Im Zuge dieser Mission hat das Bike-Start-up aus Hongkong Anfang 2022 seinen reinen Online-Direktversand auf Offline-Fachhandelspartnerschaften ausgebaut, inklusive Kundensupport, Montage und Lager in Europa. Die Preise für seine E-Bikes hält Tenways nichtsdestotrotz zwischen 1500 und 2500 Euro. Auch die anderen Marken zielen stark auf stationäre Verkaufskanäle. Der Hauptkanal für Sushi Bikes bleibt zwar online, hat aber dieses Jahr erste Testballons mit Decathlon gestartet. Hepha in Maisach, seit 2022 auf dem Markt, oder Leader Fox aus dem tschechischen České Budějovice setzen ebenfalls auf On- und Offline-Verkauf.

»Die Zeiten, in denen alle zum Discounter gerannt sind, um das Volks-E-Bike zu kaufen, sind vorbei.«

ZIV

Während Mitbewerber wie Citypanta aus Wuppertal ganz beim Direktvertrieb bleiben und auch darüber Marge machen können, müssen sich die auch im Fachhandel präsenten Marken Gedanken machen, wie sie die Marge attraktiv, den Preis niedrig und die Qualität hoch halten können.

Qualität trotz Niedrigpreis – geht das?

Denn hohe Qualität ist ein Muss. Ein niedriger Preis allein zieht nicht. »Die Zeiten, in denen alle zum Discounter gerannt sind, um das Volks-E-Bike zu kaufen, sind vorbei«, heißt es vom
ZIV mit Verweis auf den sinkenden Marktanteil von nur noch einem Prozent, den SB-Warenhäuser, Baumärkte und Discounter als Verkaufsstellen innehaben. Gefragt sind keine Billigmodelle, sondern Schnäppchen mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis.
Hepha setzt auf Komponenten aus eigener Entwicklung, wofür insbesondere der hauseigene Mittelmotor steht. Sushi Bikes löst die Margenfrage über die Reduktion aufs Wesentliche: »Wir verbauen nur Komponenten, die man für das Commuting in der Innenstadt wirklich benötigt. Wir verzichten zum Beispiel bewusst auf Gangschaltung oder Federung. Wir verbauen darüber hinaus Standardkomponenten, damit unsere Kundinnen und Kunden jederzeit die Chance haben, sich ihr Sushi Bike nach ihren Bedürfnissen nach dem Kauf zu konfigurieren und verzichten auf komplizierte Tracking-Apps etc.«, erklärt Lisa Willmann, Head of Marketing bei Sushi Bikes. Auch die einem normalen Fahrrad ähnliche Optik und das vergleichsweise geringe Gewicht von 16 Kilogramm führt sie als Gründe an, warum sie »bereits mehrere Zehntausend Kundinnen und Kunden« überzeugen konnten. Ob diese Reduktion aufs Wesentliche tatsächlich nicht schon zu weit geht für wesentliche Kundenkreise, ist vermutlich die Streitfrage.
Tenways kommt trotz hochwertiger Ausstattung wie einem Riemenantrieb über eine »effiziente und effektive Produktionskette« auf seine Marge, die, so General Manager Amir Fazil, bewusst »vergleichsweise gering ist, um die Preise niedrig halten zu können«. Seine Handelspartner unterstützt das Unternehmen mit After-Sales-Dienstleistungen, verkaufsfördernden Aktionen und Bikes mit geringem Wartungsbedarf. »Es ist das Gesamtpaket, das uns ausmacht«, fasst Amir Fazil zusammen, das auf den Stärken der Händler vor Ort aufbaut.

Viele (aber nicht alle) der preisgünstigen Anbieter bieten ihre Räder über den Fachhandel und im Direktvertrieb an. Nicht jeder Händler wird das akzeptieren.

Denn wer ein E-Bike erst umständlich einschicken und wochenlang darauf warten muss, wer vor Ort keinen Shop findet, der ein »Versenderrad« reparieren kann oder möchte, Anbauteile auftreiben muss, die nur diese eine Hersteller im Sortiment hat, oder nach zwei Jahren keine Gewährleistung mehr greift, der wird am Ende vielleicht doch lieber den höheren Preis für das E-Bike einer etablierten Marke bezahlen.
Aus dieser Sackgasse zu entkommen, mehr oder weniger alles zu bieten, was die heutigen Fachhandelsmarken können, und dabei auch preislich attraktiv zu bleiben, ist die Herausforderung für alle.

Fazit

E-Bikes unter 3000 Euro können vor allem im City- beziehungsweise Urban-Bereich ein attraktiver Anziehungspunkt für Kundinnen und Kunden sein, die noch unsicher sind, ob ein E-Bike das Richtige für sie ist oder sie nicht gleich viele Tausend Euro in die Hand nehmen möchten. Es ist die Aufgabe des Fachhandels, ihnen zu erklären, welchen Mehrwert man für mehr Geld bekommt. Es ist eine Chance für den Fachhandel, sich eine weitere Zielgruppe zu erschließen, wenn die Argumente nicht überzeugen, und dann eventuell später Folgeverkäufe im höheren Preissegment oder durch Accessoires, Wartung und Reparatur zu erzeugen. Ohne kompetente Beratung und gute Produktqualität geht es auch im niedrigpreisigeren E-Bike-Bereich nicht. Ist beides vorhanden, kann sich dieses Segment durchaus als lohnenswert erweisen. Der Markt wartet schon lange auf die Angebote, die in diesem Bereich überzeugen können. Wenn sie vorhanden sind, werden ganz selbstverständlich Handel und Kundschaft auf dieser Welle mitreiten. //

25. Juli 2024 von Carola Felchner

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