Erstes Systemlaufrad der Komponentenschmiede:
DT Swiss bringt mit Tricon einen „Meilenstein“ zum Rollen
Natürlich könnte auch DT Swiss Speichen aus Carbon oder Aluminium verbauen. Die Laufräder der Schweizer Marke würden dadurch auch sicherlich optisch noch etwas mehr hermachen. Aber eben auch nur optisch: Wesentlich unempfindlicher und dabei genauso leicht seien die kaltgeschmiedeten, mehrfach konifizierten Stahl-Flachspeichen der Schweizer. Es ist also nur konsequent, dass auch beim neuen Vorzeige-Laufrad Tricon auf das bewährte Material gesetzt wurde, auch wenn der Markt optisch inzwischen andere Sehgewohnheiten hat.
Auch bei einigen anderen Komponenten der Tricon-Laufräder musste DT Swiss nicht erst lange forschen, sondern konnte auf bewährte Lösungen aus dem eigenen Regal zurückgreifen, wie etwa der DT-typische „Ratchet“-Freilauf und das pfiffige „RWS“-Befestigungssystem. Ebenfalls bereits bekannte Techniken sind der optionale IS-Adapter für die Center-Lock-Bremsscheibenaufnahme bei der MTB-Version, das werkzeugfreie Wartungskonzept und die Pro-Lock-Nippel (jetzt übrigens mit Torx-Design).
Hingegen völlig neu entwickelt und somit Kern der Tricon-Bauweise ist die Art der Befestigung der Speichen an Felge und Nabe. Während die Speichen in der Tubeless-kompatiblen Felge hierbei mittels sogenannter Schiffchen eingehängt werden, dient an der Nabe ein drei- oder vierflügeliger Ring als Gegenhalt – im DT-Jargon „Open Crowfoot“ genannt. Der Clou: Der Ring ist nicht fest mit dem Nabenkörper verbunden, sondern nur mit Bolzen gegen Verdrehen gesichert. Ein dauerelastischer Kleber soll zudem sonst auftretende Knarzgeräusche vermeiden. Ansonsten aber sind die Speichenkräfte völlig vom Nabenkörper entkoppelt.
Das soll sich vor allem auf die Haltbarkeit der Lager auswirken: 28 Speichen mit je 100 kg Spannung erzeugen eine Zugkraft von 2,8 Tonnen auf den Nabenkörper. Dadurch wird der Sitz von Lagern bei klassischer Bauweise durch das Einspeichen geweitet – ein Faktor, den anspruchsvolle Nabenhersteller bei der Produktion mit einem zunächst zu engen Lagersitz berücksichtigen. Allerdings sei dies keine exakte Wissenschaft, wie DT-Produktmanager Silvan Bürge erklärt. Stattdessen müsse ein Kompromiss zwischen Belastungen bei der Fertigung und dem späteren Lagersitz eingegangen werden. „Dieser Kompromiss kostet Lebenszeit“, so Bürge. Im Gegenzug verspricht nun die Tricon-Bauweise eine besonders hohe Lebensdauer.
Ein weiterer Vorteil der Crowfoot-Bauweise ist, dass sich die axialen Kräfte im Nabenkörper weitgehend gegenseitig aufheben und die überkreuzten Speichen kaum Kontakt miteinander haben. Dadurch entsteht ein in der Spannung sehr homogenes Laufrad, dass gegenüber Seitenschlägen sehr immun sei. Wie übrigens auch ein ungewöhnlicher Praxis-Test beweist: Im zurückliegenden Jahr hat DT Swiss 30 Laufradsätze anonym bei einem Bike-Vermieter mitlaufen lassen. Sämtliche Laufräder haben die Saison und den mitunter ruppigen Umgang mit den Leihrädern unbeschadet überstanden.
Leicht soll noch leichter werden
Der Anspruch auch mit Stahlspeichen in der leichten Liga mitzuspielen, ist mit den ersten beiden Tricon-Laufradsätzen durchaus gelungen: Der Rennrad-Satz RR 1450 bringt – Nomen est Omen - nur 1450 Gramm auf die Waage, das MTB-Pendant XM 1550 auch nur 1550 Gramm.
Dabei stand niedriges Gewicht bei der Tricon-Premiere gar nicht mal an erste Stelle, wie Laufrad-Macher Bürge erklärt. Vielmehr sei das optimale Verhältnis von Steifigkeit und Gewicht zunächst im Vordergrund gestanden. Mit den nächsten Tricon-Modellen, die OE-Kunden demnächst für das Modelljahr 2011 vorgestellt werden, will DT dann aber auch Weight-Weenies begeistern. Möglich werden soll dies durch die Verwendung neuer Materialen. Und wer bei dieser Ankündigung das Carbon-Know-How der Schweizer im Hinterkopf hat, ahnt in welche Richtung die Reise wohl gehen wird.
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