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Vierrad-Pedelec Ecos
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Neuheiten der digitalen Spezialradmesse 2021

Echtes Hightech aus der Nische

Ob mit digitaler oder Präsenz-Messe: Die Spezialradbranche stagniert auch in Corona-Zeiten nicht. Sie wächst sogar in die Breite. Ein relativ neuer Sektor, der sich der Nische seit kurzem zugehörig fühlt, ist (...)

Pino TourNeu im Vertrieb: die US-Marke LodenActive Vario ScooterSitzkomfort purLED-Blinker - neu interpretiert.

(...) Micromobilität in Form von Pedelcars. Das sind meist vierrädrige Bikes, die mit Pedalantrieb und E-Unterstützung auf dem Radweg unterwegs sein dürfen. Sie sind nicht zu verwechseln mit den Velomobilen, die schon seit Jahrzehnten an einer Demokratisierung der Pedal-Mobilität auf drei und vier Rädern arbeiten. Leider bislang mit erstaunlich wenig Erfolg. Wohl auch, weil sie meist ihrem zigarrenförmigen Design und der damit verbundenen geringen Alltagsfunktionalität
treu blieben und Elektro-Unterstützung hier immer noch zu wenig eingesetzt wird. Doch die Pedelcars sind auf dem Vormarsch ( s. Beitrag in Velobiz Magazin 11/2020 ): Auch wenn ihr Markterfolg noch unsicher ist, sind die meist bewusst knuffig designten Hybride echte Medien-Stars. Auf der digitalen Spezi war als Newcomer unter anderem der Ecos von Evol Motion aus Frankreich zu sehen, ein Vierrad-Pedelec auf 26-Zöller mit der Möglichkeit zu zwei Kindersitzen hinter dem Fahrersitz. Das Konzept des Entwicklers Jeremy Chieregato basiert auf zwei Antriebs-Optionen: Einen Mittelmotor-System von Bafang und einem Nabenmotor von Heinzmann. Gespeist werden die Motoren von wahlweise einem oder zwei 500-Wattstunden großen Akku, angetrieben wird über eine Alfine Achtgang-Nabe. Der Unterschied zu den meisten anderen Pedelcars: Das Rad soll als Kindertaxi wie als Cargobike nutzbar sein. Das aktuelle Design spiegelt das noch nicht wider, auch wenn der Ecos bislang an einen niedlicheren VW Bulli erinnert. Bis zur Marktreife Mitte 2022 soll aber auch die Ladefläche integriert sein. Außergewöhnlich gering ist das Gewicht des Gefährts: Knapp 50 Kilo wird das Rad auf die Waage bringen. Zwischen 7.000 und 8.000 Euro gehen dafür über den Ladentisch.
www.evol-motion.com

Das Tandem wird zum Solo-Bike

Etwa die Hälfte der Aussteller, die zu Vor-Pandemie-Zeiten auf der Spezi präsent waren, nehmen an der aktuellen Digitalen Spezialradmesse teil. Dort bekommen sie die Möglichkeit, Neuheiten in Bild oder Video vorzustellen, weiterführende Links leiten zur eigenen Homepage. Hase Bikes, seit ihren Anfängen Teilnehmer der Spezialradmesse, kann mit dem überarbeiteten Tandem Pino einen ganz neu konzipierten Klassiker online präsentieren. Chefentwickler Marec Hase machte keine halben Sachen: Der gesamte Rahmen wurde neu aufgebaut, versteift und per Teleskoparm in der Länge verstellbar ausgeführt. Diese recht ungewöhnliche Konstruktion hat mehrere Vorteile: Wird das Pino als Solo-Rad genutzt, kann der Radstand per Teleskoprohr verkürzt werden. Das Tandem lässt sich so auf die Länge eines normalen City-Bikes zusammenschieben. Das macht auch den Transport des Tandems auf dem Auto-Heckträger einfacher. Das alte Kindertretlager fürs Pino ist mit dieser Konstruktion überflüssig geworden, denn der vordere Ausleger mit dem Tretlager lässt sich jetzt so weit einschieben, dass Kinder ab einer Größe von einem Meter vorne mitfahren und -treten können. Die Möglichkeit, das Rad durch Aufnahme der großen Porter Bag zum Lastenrad zu machen, blieb erhalten. Wie vorher ist das Pino als Allround-, Tour- und Steps-Modell zu haben, letzteres mit dem namensgebenden Shimano-Motor. Einstiegspreis: 5.157 Euro, mit Motor 8.276 Euro.
www.hasebikes.com

E-Kompaktrad-Import aus USA

Als langjähriger Spezi-Aussteller ist Voss Spezialrad auch bei der digitalen Ausgabe vertreten und stellt per Youtube Neues aus seinem erweiterten Portfolio vor. Ab sofort vertreibt er die Kompaktrad-Marke Loden, in ihrer amerikanischen Heimat Cero genannt. Das Design des Modells One ist ans Bäckerrad angelehnt, dank 20-Zoll-Vorderrad sehr kurz und wendig. Der Rahmen mit tiefem Einstieg ist an vielen Stellen mit Gussets verstärkt und gibt eine harmonische, knuffige Erscheinung ab. Dank vielfacher Einstellbarkeit soll das Loden für Menschen zwischen 1,65 und 1,90 Meter Größe passen. Träger mit integriertem Adaptersystem vorn und hinten sind Standard, ein breites Zubehörangebot von Körben und Taschen vorhanden. Unterstützt werden Bäcker oder Bäckerin vom Shimano E6100-Motor, der seine Kraft über Gates-Riemen auf eine Fünfgangnabe überträgt. Trotz der Gepäck- und Kindersitzmöglichkeiten ist das Rad kein echtes Cargobike, auch das Systemgewicht von 130 Kilogramm spricht dagegen. Es ist eher ein flottes, wendiges Familien-E-Rad. Hinten der Nachwuchs, vorn der Einkauf. Ab etwa 4.300 Euro fährt man mit.
www.voss-spezialrad.de

Multifunktions-Gehhilfe

Die Spezi war auch im Reha-Bereich immer schon stark. Aus dieser Ecke kommt auch Reha-Triflex, ein kleiner Anbieter aus Bielefeld mit seiner Neuheit, dem Active Vario Scooter. Das Dreirad ist zunächst ein etwas stabilerer Rollator, mit dem sich aber auch Treppen und Rolltreppen ohne Probleme erklimmen lassen. Man geht nicht, wie beim klassischen Rollator, hinter der Gehhilfe, sondern innerhalb. Das ist möglich durch die zwei klappbaren Ausleger, an denen links und rechts die Hinterräder sitzen. Mittig lässt sich an einem Alu-“Oberrohr“ ein Sattel ausklappen, und man kann den Scooter in seiner Hauptfunktion betreiben: Als Laufrad. Entwickler und Chef von Reha-Triflex, Edgar Klitsch, sieht es als die perfekte Möglichkeit für viele bewegungseingeschränkte Menschen, mobil zu sein. Aber auch als Spaßgerät ergibt der Scooter so einen Sinn. Das 16-Zoll-Vorderrad dreht sich um einen Nabenmotor, der wahlweise zuschaltbar ist und bis 6 oder 15 Stundenkilometer beschleunigt. Die Füße liegen dann auf den absenkbaren Fußrasten. Das Ganze hat über dem Vorderrad noch eine große Plattform für den adaptierbaren Korb oder die Tasche. Außerdem ist der Vario Scooter zum Verstauen sehr klein zusammenfaltbar. Das ansprechend designte Dreirad kann aber auf Wunsch noch mehr: Ein Zusatzmodul mit Kurbelantrieb macht aus dem Laufrad ein Pedelec, ein anderes einen Stepper. In dieser Variante wird der Scooter demnächst um 4.000 Euro kosten, als Basismodell mit Nabenmotor um die 3.200 Euro.
http://www.reha-triflex.de/aktiv-vario-scooter.html

Sitzen wie Gott in Frankreich

Wie weit große Teile der Liegerad-Branche heute von ihren Anfängen entfernt ist, zeigt oft die Professionalität der Produkte im Detail. HP Velotechnik, Spezialist für Trikes und Liege-Zweiräder und ein Urgestein der Branche, entwickelte einen Liegerad-Sitz, der sich, bis auf eine elektrische Bedienung, nicht hinter den Modellen der Autowelt verstecken muss. Die Herausforderung: Noch mehr Individualisierbarkeit bei der Einstellung des Sitzes. Dazu wurde der Sitzrahmen neu konstruiert, sodass nun Sitzfläche und -lehne separat im Neigewinkel einstellbar sind. Außerdem wurden die vorderen Abschlüsse der Sitzfläche, also die Oberschenkel-Auflagen, neu designt. Mit acht Spanngurten lässt sich der Sitz genau an seinen jeweilige „Besitzer“ anpassen. So kann zum Beispiel eine Stütze im Lordosenbereich intensiver oder schwächer eingestellt. Eine besondere Anpassung leisten dazu noch die Orthoflex-Kissen. Diese Mesh-Stücke können an bestimmten Stellen unter die Sitzdecke geschoben und punktgenau mit Klett befestigt werden. Sie sichern so beispielsweise für schmale Menschen mehr Seitenhalt. Praktisch sind die kleinen Bypack-Taschen an der Sitzlehne – etwa für Schlüssel und Flickzeug oder die Regenbekleidung. Außerdem gibt es an der Sitzrückwand eine Aufnahme für einen Adapterarm, der eine beliebige Lenkertasche aufnehmen kann, die dann rechts oder links (ein-)griffbereit neben dem Fahrer sitzt. Kostenpunkt: 599,- Euro oder als Variante beim Radkauf einen Aufpreis von 199,- Euro.
www.hpvelotechnik.com

Endlich die Hand am Lenker lassen

Die Entwicklung des E-Bikes und der stromsparenden LEDs drängen die Idee geradezu auf: Es muss doch möglich sein, ein leichtes, sicheres Blinker-System für Fahrräder zu produzieren. Eckehard Bahr ist seit 2016 dran und präsentiert nun das erste serienreife Produkt. Zu kaufen gibt es seine Blinker Velorian fürs Fahrrad wahrscheinlich ab Juni 2021. Das ganze System hat durchaus den professionellen Look eines gut in die moderne Fahrradwelt integrierbaren Produkts. Auch das hebt das System von manchem der drei, vier Mitwettbewerber ab, die es mit gänzlich verschiedenen Konzepten auf dem Markt gibt. Zunächst soll der Velorian-Blinker in einer „E-Line“ für Pedelecs und S-Pedelecs erhältlich sein. Dazu gehören die Blinker selbst, die vorn mit Klemmen wie Bremshebel an den Lenker geklemmt werden. Hinten können sie am Gepäckträger befestigt werden. Dort sind sie gummigelagert und so robust, wie man es von Enduro-Motorrädern kennt. Der oder die Fingerschalter sitzen, ebenfalls per Schelle befestigt, direkt neben den Lenkergriffen. Dazu kommt noch die Verkabelung und das Kästchen mit dem Blinkgeber. Strom gibt’s aus dem E-Bike-Akku. Die D-Linie für Räder ohne Batterie soll bald nachgeliefert werden. Sie hat einen eigenen Akku, der auch über den Nabendynamo nachgeladen werden kann. Derzeit erlaubt allerdings die StVZO je nach Lesart Blinker nur an Pedelecs und Rädern mit mehreren Spuren oder einem Aufbau, der ein Handzeichen verdecken könnte. Kostenpunkt für die E-Line: 149,- Euro. https://velorian.de

Messe: durch nichts ersetzbar

Ob die Spezialrad-Branche und das Interesse des Publikums geblieben ist oder noch zugelegt hat, kann erst die nächste reale Spezialradmesse zeigen. Der Höhenflug und die enorme Professionalisierung des E-Bikes könnte auch die Aufmerksamkeit vieler Menschen vom Rad für besondere Einsatzbereiche und Menschen mit Einschränkungen etwas abgelenkt haben. Andererseits sind die Ränder der Nische aufgeweicht – was gehört zum Spezialrad, was nicht? Eine müßige und vielleicht auch unsinnige Frage, das zeigt schon die schnelle und starke Eigenständigkeit des Cargobikes-Segments. Noch vor wenigen Jahren waren Lastenräder schnell keimenden Pflänzchen im Spezialrad-Bereich.
Sicher ist die Spezialradmesse in Präsenzform gerade für diese besondere Branche absolut notwendig, was den direkten Austausch und vor allem das Ausprobieren betrifft. Doch einen starken Beitrag zur Kommunikation von Neuheiten und zur Kontaktaufnahme leistet auch diese digitale Ausführung, die noch bis Ende Juni online besucht werden kann. www.spezialradmesse.de

6. Mai 2021 von Georg Bleicher

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