Mängel finden, bevor es der Kunde tut
Ernst Brust: Betriebsfestigkeit von E-Bikes überprüfen
„velotech.de hat mit der Ermittlung von Betriebslasten an E-Bikes begonnen. Die Messergebnisse werden in Prüflastkollektive für stationäre Prüfstände umgerechnet, die vorhandenen Testeinrichtungen werden ergänzt. Wir erwarten, dass sich der Markt für Fahrräder mit Hilfsmotorisierung stürmisch entwickelt, denn die Speicherung elektrischer Energie hat jetzt das erforderliche Niveau erreicht.
Die zusätzliche Antriebsleistung ist gering, vergleicht man sie mit der Leistung von Verbrennungskraftmaschinen, sie ist aber erheblich, wird sie mit der Körperleistung des Menschen verglichen.
Diese beträgt ca.:
50 bis 100 W langsames Fahren auf ebenen Radwegen
100 bis 200 W sportliches Radfahren in der Freizeit
300 bis 400 W Tour de France - Fahrer
400 bis 500 W Bahnradfahrer, kurze Distanz.
Die angebotenen Elektroantriebe für Fahrräder leisten, je nach Typ, zwischen 250 und 1.000 W!
Fahrräder werden für den Menschen gebaut, der seine geringe Körperkraft optimal in Vortrieb umsetzen will. Die Körperhaltung - aufrecht oder gebückt - ist wesentlich für die Kraftumsetzung. Diese Körperkraft durch Motorkraft zu unterstützen oder zeitweise ganz zu ersetzen, führt zu veränderten Bauteilebelastungen und erfordert wesentlich veränderte Konstruktionen.
Erfahrungswerte fehlen noch
Es liegen noch keine ausreichenden Erfahrungen vor, die Betriebsfestigkeit dieser E-Bikes über mehrere Jahre zu bewerten. Prüfstandsversuche können helfen, die Berechnungen der Ingenieure abzusichern. Wir haben festgestellt, dass sich an Fahrrädern die schädigenden Betriebslasten zu ca. 10% aus Antriebskräften, zu ca. 20% aus Bremsverzögerungen und zu ca. 70% aus Fahrbahnstößen ergeben. Die absolute Größe dieser Lasten unterscheidet sich nach dem Gebrauchsnutzen der Fahrräder, z.B. City, Trekking, MTB oder Rennrad.
Die angebotenen Motorantriebe verschieben nicht nur diese Verteilung der Betriebslasten, sondern erhöhen sie im gesamten Spektrum: Antriebsmomente, Bremsbelastungen und Massenbeschleunigungskräfte nehmen in neuer Verteilung zu.
Gegenüber Fahrrädern sind
- Antriebe stärker
- höhere Lasten und Anhänger leichter zu transportieren
- Anstiege der Fahrbahn leichter zu bewältigen
- schlechte Wege länger zu befahren
Hieraus ergibt sich, dass z.B.
- mit größerer Beladung schneller bergab gefahren wird
- Bremsen härter greifen müssen
Die Betriebslasten ändern sich:
- härtere Fahrbahnstöße und damit höhere Massenbeschleunigungskräfte, die auf alle tragenden Bauteile wirken
- stärkere Antriebskräfte und damit größere Belastungen des Hinterrades ohne höhere Wiegetrittbelastung
- erhöhte Bremsbelastungen
Der bestimmungsgemäße Gebrauch ergibt sich aus der Leistung des Elektroantriebes. Die Möglichkeiten der Fahrradbenutzung werden wesentlich verändert. Vorhersehbarer Fehlgebrauch muss sicherheitstechnisch zusätzlich abgedeckt sein.
Die Antriebsleistung ist die technische Grenze für die erreichbare Geschwindigkeit, vor allem bergauf, und die mögliche Zuladung. Der Hersteller muss damit rechnen, dass die verfügbare Antriebsleistung voll ausgenutzt und außerdem das Fahrzeug überladen wird.
Beispiele für Fehlgebrauch sind:
- Fahren ohne Motor als Fahrrad mit offener Endgeschwindigkeit, nach dem der Motor bergauf genutzt wurde, vor allem bergab
- Manipulation der Höchstgeschwindigkeit mit Motorantrieb
- Beladung über die vom Hersteller angegebene Grenze hinaus
- Mangelhafte Wartung und Pflege
- Sonstige Dummheiten
velotech.de erarbeitet derzeit einen Katalog der zu erwartenden Betriebslasten und stellt geeignete Testverfahren vor.“
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