Report - Events und Marketing
Events: Frischzellen für den Radsport?
In der medialen Wahrnehmung machte der klassische Radsport nach drastisch zurückgegangenen Zuschauerquoten und dem Ausstieg großer Fernsehsender aus der Live-Berichterstattung zuletzt fast ausschließlich mit negativen Schlagzeilen auf sich aufmerksam. Das ist schwierig für viele, die mit dem Sport in engem Kontakt stehen und gleichzeitig die Chance für eine Verjüngungskur.
Wie Beispiele aus anderen Sportarten zeigen, sind Tradition und mediale Bekanntheit keineswegs Garanten für eine erfolgreiche Zukunft. Ständig müssen Aufmerksamkeit und das Interesse vor allem in der jungen, werberelevanten Zielgruppe hochgehalten werden. Sonst, so die Erfahrung, zieht der Zirkus einfach weiter. Gerade traditionelle Sportarten tun sich jedoch oftmals mit Innovationen schwer, wie das Beispiel Skisport zeigt, bei dem Snowboards erst ignoriert, dann bekämpft und schließlich als Impulsgeber und Retter für die darbende Wintersportbranche gefeiert wurden. Umgekehrt tun sich auch die »Neuen Wilden« schwer mit Verbänden, Vereinsstrukturen, Reglements und Sponsoren. Obwohl sie die auf dem Weg zur Professionalisierung ihres Sports dringend benötigen.
Im Trend: Bike-Sport und Events mit Spaßfaktor
Längst hat sich auch im Zweiradbereich eine junge fahrradbegeisterte Generation darangemacht, abseits von breitensportorganisierten Vereinsstrukturen langfristig Trends zu setzen. Mit Innovationen in Bezug auf das Material, neuen Spielarten, Reglements und Wettbewerben diversifiziert und professionalisiert sich die Szene und schafft so attraktive Plattformen für die Vermarktung eines Bike-Sports, der ein neues Lebensgefühl ohne Lust am Leiden repräsentiert. BMX und Mountainbike bieten als etablierte Sportarten dabei die Basis für immer neue Disziplinen und Wettbewerbe, die neben Bikeparks auch urbane Räume erobern und hier ein Spektakel nicht nur für Fans der Szene bieten. »Wichtig ist die Begeisterung und ein breites Echo beim Publikum und in den Medien,« so Ex-BMX- und Mountainbike-Profi Tarek Rasouli, der mit seiner Agentur rasoulution seit 2005 Bike-Events plant und durchführt, Kurse baut, Athleten managt und sich um Medienkontakte und Pressearbeit kümmert.
Für ihn zählt nicht nur der sportliche Aspekt, sondern vor allem auch die Atmosphäre und die Wirkung in der Öffentlichkeit, die sich wiederum durch Sponsorengelder bezahlt macht. »Attraktive fun-orientierte und actiongeladene Bike-Events ziehen von Jahr zu Jahr mehr Menschen an. 60.000 Zuschauer sahen allein 2011 die Finals des hochkarätig besetzten Urban Freeride-Wettbewerbs Red Bull District Ride in der Innenstadt von Nürnberg. Für Sponsoren, aber auch für den Sport an sich und die Athleten bieten solche Events eine ideale Plattform um Bekanntheit in der Öffentlichkeit und den Medien zu schaffen.« Hersteller von Energy-Drinks wie Red Bull kreieren solche Veranstaltungen inzwischen gern um abseits von klassischen Werbemaßnahmen mit innovativen Ideen Glaubwürdigkeit und Authentizität zu schaffen. Werte, die gerade bei der jungen Generation gut ankommen.
X Games – eine neue Dimension des Bikesports?
Auch wenn man die neuen Bike-Events in Deutschland bislang noch an zwei Händen abzählen kann, deutet sich inzwischen ein Durchbruch Richtung Massenmarkt an. Erstmals startet in diesem Jahr das amerikanische Action- und Trendsport-Spektakel X Games auch in Europa – mit München als Schauplatz eines viertägigen Events (27. bis 30. Juni), das sportliche Highlights aus den Bereichen Skateboard, BMX, Mountainbike und Motocross, musikalische Live-Acts sowie Side Events aus den Bereichen Film, Style, Arts & Design bietet. Ziel der Veranstalter ist es, die X Games, die in den Vereinigten Staaten für hohe Zuschauerquoten und Athleten mit Star-Nimbus sorgen, weltweit bekannt zu machen. Dazu wurde München aus mehr als 20 Metropolen für die Summer X Games ausgewählt und ein Vertrag bis 2015 geschlossen. Aber nicht nur die hochkarätige Veranstaltung selbst verspricht Aufmerksamkeit, sondern vor allem auch die Berichterstattung in den Medien. So hat sich der bei den 14- bis 29-jährigen Zuschauern starke Fernsehsender ProSieben die Übertragungsrechte gesichert und wird alle sechs Wettkämpfe in 2013 – sowohl die beiden Winterspiele in den USA und in Frankreich als auch die vier Sommerspiele in Spanien, Deutschland, Brasilien und den USA – live und zeitversetzt im Free-TV und Pay-TV übertragen. Auf dem Internetportal myvideo.de soll es zudem einen eigenen X Games-Kanal mit Livestreams und Video-on-Demand-Bereich geben. Umgekehrt werden auch die Pay-TV-Sender ESPN America und Extreme Sports Channel über das Münchner Event berichten.
Traum vom Fliegen: Die Content-Fabrik Red Bull
Wer sich heute mit dem Thema Action Sport und entsprechenden Events beschäftigt, kommt an einem Namen kaum mehr vorbei. Auch das Thema »Bike« ist mit den Schwerpunkten Mountainbike, Trialbike und BMX neben Motorsports, Surfing, Snowboarding, Games und Musik inzwischen ein fester Bestandteil der Red Bull-Welt. Untersuchungen zeigen, dass es Red Bull als Produkt und Marke seit dem Markteintritt 1987 gelungen ist, allgegenwärtig zu sein, ohne aufdringlich zu wirken. In einem Mix aus Spitzensport, Rekordjagden und Events im Bereich Musik, Lifestyle und Entertainment werden attraktive Inhalte und damit Content für die verschiedensten Medien kreiert. Das Sponsoring von Athleten und Extremsportlern als Identifikationsfiguren, Meinungsmacher und Markenbotschafter ist dabei ein wesentlicher Bestandteil der Strategie: »Opinion Leaders, especially in the sport and cultural area, are a perfect target group for Red Bull«, so die Lead-Agentur Kastner & Partners. Sie sollen die Glaubwürdigkeit des Produkts und der Marke fördern. Bei der Auswahl der Kooperationspartner geht es vor allem um die Nähe zur Zielgruppe, die nach den Vorstellungen der Macher nicht vom Alter, sondern der inneren Einstellung geprägt ist. »Red Bull consumers have drive, are active and dynamic. They want to be physically and mentally fit and wide awake.«
Mit dem Event-Marketing als wesentlichem Pfeiler der Konzernstrategie soll bewiesen werden, dass die Marke up-to-date und »anders« ist. Konsequenterweise geht es dabei nicht darum, bestehende Veranstaltungen zu sponsern, sondern eigene Events zu kreieren oder ihnen zumindest einen Stempel aufzudrücken. So geht es bei den Red Bull-Events dem hedonistischen Zeitgeist entsprechend im Gegensatz zum Beispiel zur »Tour der Leiden« nie um Askese und Quälerei, sondern immer um den Spaß an der Sache, der trotz dem Anspruch an Höchstleistungen und stetige Innovation nie aus den Augen verloren werden soll. Dass dabei öffentlich und völlig legal mit dem Energy-Drink, der Konzentration und körperliche Leistungsfähigkeit steigern soll, »gedopt« wird, gehört mit zum transportierten Lebensgefühl: Erfolgreich sein, feiern und Spaß haben.
Für mediale Präsenz sorgt die Nutzung aller Kanäle bis hin zum hauseigenen Internet-TV und die Strategie, nicht oberflächliche Massenbotschaften auszusenden, sondern dem Claim »Red Bull verleiht Flügel« entsprechend authentische Erfolgsgeschichten zu erzählen. Zudem kümmert sich der Getränkehersteller auch um die Athleten selbst. Über 600 sind inzwischen unter Vertrag und tragen bei ihren spektakulären Auftritten, die millionenfach angeklickt werden, das Sponsoren-Logo gut sichtbar auf ihrer Ausrüstung.
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