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Viel los war auf der Spezi nicht nur auf dem Testparcours
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Keine Krise in der Nische:

Germersheimer Spezialradmesse platzte fast aus allen Nähten

Statt Krisenstimmung Besucherrekord und zufriedene Aussteller: Die 14. Ausgabe der "Spezi" zeigte am vergangenen Wochenende mit aktuellen Themen wie neuer Mobilität und kreativen Lösungen mit hohem Spaßfaktor, wie viel Schwung in der Branche steckt – und dass ein hoher Professionalisierungsgrad nicht nur den „Normalos“ vorbehalten ist.

Viel los war auf der Spezi nicht nur auf dem TestparcoursFaltbare Spezialräder wie hier von Challenge waren häufig zu sehen.Sportlich ging es am Stand von Icletta zuEin richtiger Hingucker unter den Spezialrädern - das WhikeSinglespeed trifft Faltrad bei DahonKindersitzmodul von Tangeroo

Bei der 14. Ausgabe platzte die beliebte Messe für alles, was nicht nach klassischem Fahrrad aussieht, fast aus allen Nähten: In Hochzeiten bewegte es sich in die Gänge der zwei Haupthallen nur stockend, für ein Gespräch mit manchem Aussteller musste man Samstagvormittag und Sonntagmittag Geduld mitbringen. Die Zahlen, die Veranstalter Hardy Siebecke von Haasies Radschlag als „sehr zufrieden stellend“ bezeichnete, erklären warum. 2009 wurde erstmals die Schallgrenze von 100 Ausstellern knapp durchbrochen, und erstmals gingen den Messemachern die Messe-Kataloge aus: Um die 10.000 Besucher hatten an den zwei Tagen die drei Hallen und das Außengelände gestürmt. Letzteres war mit Bauzäunen abgegrenzt worden, um zu verhindern, dass nicht zahlende Besucher den immer größer werdenden Außenbereich für Beratung und Testfahrt nutzten, auch das eine – sicher sinnvolle – Premiere. Weniger geworden sind allerdings die Hersteller aus dem Reha-Bereich; sie spielen mittlerweile in Germersheim nur noch eine untergeordnete Rolle.

Fahren – ein weites Feld

Der thematische Rahmen war weit gespannt: Solide, systematische Modellpflege wurde genauso geboten wie ganz neue kreative Wege zur Mobilität auf Rädern – egal, ob es um Alltag oder Sport ging. Auf der Suche nach mehr Mobilität treibt die Falt-Lust der Hersteller nach wie vor schöne Blüten, und Unterstützung beim Vortrieb durch E-Motoren bieten die meisten Spezialrad-Hersteller zu ihren Modellen mittlerweile fast nebenher an – in dieser Branche spielt Custom-Made von jeher eine sehr große Rolle.

Ganz Neues gab es zum Beispiel von Challenge ( www.challengebikes.com ), dem großen niederländischen Liegeradhersteller. Er trumpft mit dem Alizé jetzt auch im Trike-Markt nochmals kräftig auf: Das Tadpole-Konzept (zwei lenkende Räder vorn, ein angetriebenes hinten) begeisterte die fachlich versierten Besucher. Auf dem Heck gefederten Renner sitzt man gerade einmal 26 Zentimeter über dem Boden und kann sich über eine sehr exakte, direkte Lenkung und sehr wendige Fahreigenschaften freuen. Und über einfachen Transport: Sitz und 20-Zoll-Räder können zügig abgenommen, der Rahmen in der Mitte gefaltet werden. So wird das Trike sogar Smart-tauglich. Das Alizé in der typisch schnittigen Challenge-Optik mit geschwungenem Hinterbau kostet in der Grundausstattung mit Seilzug-Scheibenbremsen und 27-Gang-Sram-Schaltung 2690 Euro.

Ähnlich sportiv tritt das neue ungefederte Trice Q 26 von Icletta auf: Minimalistische Ausstattung, Schwarz-Silbernes Pulver-Finish. Das Besondere: Trotz Starrahmen muss man dank 26-Zoll-Hinterrad nicht auf einen gewissen Komfort verzichten. Investition: 2490 Euro. Komfort gibt’s bei Icletta voraussichtlich im Herbst auch zum Nachrüsten: In alle Trice-Modelle seit 2001 können spezielle Achsschenkeln an den Vorderrädern nachgerüstet werden. Das Prinzip: ein CNC-gefrästes Parallelogramm stützt sich gegen ein Elastomer ab, sodass das pfiffige „Update“ bei Stößen einfedert. Zum Preis konnte Importeur Kirk Seifert noch keine Angaben machen.

Ride like the Wind

Einen echten Hingucker lieferte Whike ( www.whike.com ) ab, ein Delta-Liegedreirad (ein Rad vorn, zwei hinten) mit einem 1,6 Quadratmeter großem Segel. Leider fehlten auf der Spezi die freie Fläche, um die versprochenen 50 km/h, die das Whike 1.0 bei günstiger Brise schaffen soll, anzutesten. Für 3500 Euro gibt es ein ausgewachsenes Trike mit Segel, Scheiben- und Feststellbremsen, 27-Gang-Kettenschaltung und viel Spaß mit der ganz anderen Mobilität. Das kleinere Sturmsegel für richtig raue See respektive Asphalt muss separat gekauft werden.

Frischer Wind mit Minimalismus heißt dagegen die Devise beim Mµ (sprich Mju) des größten Faltrad-Herstellers Dahon: Mit dem Uno wurde die erfolgreiche 20-Zoll-Reihe um ein Singlespeed-Modell erweitert. Rücktritt- und Felgenbremse, ein Gang, mehr braucht man nicht zum Glücklichsein mit 9,8 Kilo Vortrieb im Alltag. Die 499 Euro bei puristischer Ausstattung zeigen, dass Dahon auf dem deutschen Markt nicht nur im Niedrigpreis-Sektor präsent sein will.

Mobilitätsketten knüpfen

Klaus Schröder ( www.cargobike.info ) kümmert sich mit dem neuen Mundo-Modell um den Frachttransport: Bis zu 300 Kilo soll das „Cargo Bike für Vieles“, wie der Flyer verspricht, tragen. Das passiert auf einem riesigen rahmenfesten Gepäckträger aus HiTen-Stahl, der knapp unter Achshöhe auch noch einmal zwei Züge zum Abstützen seitlicher Ladung hat – wie etwa dem großen Korb, der wahlweise mit ausgeliefert wird. War das als Singlespeed für 699 Euro erhältliche Rad bislang vor allem im Export erfolgreich, will Schröder damit nun auch den alternativen Transportmarkt in Deutschland erobern.

Auch das Velomobil erlebte auf der Spezi sprichwörtlich neue Höhen: Das Velayo von Fortschritt Fahrzeugbau fällt nicht nur durch seine Retro-Optik, sonder auch durch sein Konzept aus dem Rahmen: Antrieb auf die Vorderachse, Hecklenkung und die enorme Sitzhöhe unterscheidet das Tadpole mit Schale deutlich von den Konkurrenten. Die kurze Kette und der damit einfachere Aufbau bescheren dem Velayo ( www.velayo.de ) ein relativ geringes Gewicht von 31 Kilogramm, der Entwickler Marcus von der Wehl gibt Höchstgeschwindigkeiten von 60 km/h ohne Zusatzantrieb an. Erste Probefahrten zeigten die Hecklenkung zumindest gewöhnungsbedürftig.

Familienfreundlich mobil

Das Zeug zum Schlager hat das Tangaroo ( www.tangaroo.de ): Ein Umbaukit für 677 bzw. 766 Euro (Ketten- bzw. Nabenschaltung) ersetzt Gabel, Vorderbau und Lenker von 26 oder 28-Zoll-Rädern durch ein spezielles Kindersitz-Modul mit separatem Antrieb auf das Vorderrad: Kinder bis etwa 1,40 Meter Größe sitzen in Fahrtrichtung komfortabel zwischen den Holmen des Speziallenkers und können Mittreten oder sich sicher von Mama kutschieren lassen. Das Tangaroo von GoroVeloTech ist bereits TÜV-getestet; bei der Probefahrt mit Passagier konnten Laufruhe und Fahrsicherheit durchaus überzeugen.

Das gilt auch für die enorm positive Atmosphäre, die die Spezi dieses Jahr wieder durchdrang. Vielleicht liegt es auch daran, dass auf keiner anderen Messe der Prozentsatz der tatsächlich leidenschaftlichen Rad-Fans vor und auf den Ständen so hoch ist wie hier.

29. April 2009 von Georg Bleicher

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