Sicherheit - Fahrrad-Tracking
Glänzen, wenn das Fahrrad geklaut wurde
Dass GPS-Tracker in der heutigen Welt – und insbesondere der Fahrradwelt – große Wertschätzung genießen, zeigt vielleicht auch die Entwicklung von IoT Ventures, einem der großen Player auf dem Markt für diese Produkte. Vor wenigen Wochen vermeldete das Unternehmen den Verkauf des 500.000sten GPS-Trackers. Binnen nur eines weiteren Jahres will man schon die Eine-Million-Tracker-Marke überspringen. Ziemlich genau die Hälfte der verkauften Tracker finden sich an E-Bikes, die andere Hälfte dient dem Tracking von Haustieren. Große Dynamik ist also vorhanden.
Genaue Marktzahlen für Deutschland und Europa gibt es aber nicht. Zu dem, was IoT Ventures, Bikefinder, Powunity und weitere Wettbewerber verkaufen, kommen noch all die Tracker, die von Bosch, Riese & Müller und in all den anderen Connected-Bikes-Lösungen bereits verfügbar sind.
Der Knog Scout lässt sich dezent hinter dem Trinkflaschenhalter verstecken.
Insgesamt kommt man europaweit auf millionenfache Stückzahlen, angesichts der steigenden Verkaufszahlen im E-Bike-Markt. Für Nina Sielmann, Marketing- und Kommunikationsleiterin bei IoT Ventures, ist klar, dass hier noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist. »Seit 2019 hat sich das Thema rasant entwickelt. Man merkt, dass das im Markt angekommen ist.«
Technisch gibt es durchaus verschiedene Ansätze, wie die GPS-Tracker verbaut werden, wie sie mit Energie versorgt werden und was sie leisten. Bei IoT Ventures beziehungsweise ihrem Produkt It‘s My Bike werden die Tracker mit dem E-Bike-Akku verbunden und sind damit auch nur an E-Bikes einsetzbar. Das eigene Wachstum beruht auf der Zusammenarbeit mit den Herstellern. Produkte wie Bikefinder können auch an unmotorisierten Fahrrädern verbaut werden. Dann hält eine Akkuladung je nach Modus circa acht Wochen, bis der Tracker wieder aufgeladen werden muss. Die App informiert über niedrige Ladestände.
Bei so viel Technik geht es meist um viel mehr als das reine Tracking. »Unser USP ist, neben dem Bike Hunter Team für Endkunden, ein ›fully managed Service‹ von der Hardware, über die Plattform und die App bis hin zu Service und Bereitstellung von Datadashboards. Eine schlüsselfertige Lösung auch für potenzielle B2B-Kunden, die gegebenenfalls selber noch keine große Erfahrung mit Digitalisierungsprojekten haben«, verdeutlicht Nina Sielmann.
Bei Bikefinder betont man, dass die App für Endverbraucher umfangreiche Funktionen bietet, die etwa die Hinterlegung von Fahrraddaten erlaubt. »Wir glänzen vor allem dann, wenn das Fahrrad geklaut wurde«, erklärt Damian Prince, der für das norwegische Unternehmen Bikefinder den deutschsprachigen Markt bearbeitet. Im Diebstahlsfall kümmert sich das Bikefinder-Team um alle weitere Kommunikation mit der Polizei. Diese bekommt dann auch Informationen zu Standortzeiten. Beliebt sei das eigene Produkt, weil es nicht nur ein GPS-Signal, sondern auch GSM- und Bluetooth-Technologie für die Standortermittlung nutzt. »Diese drei Signale zusammen erlauben es, einen genauen Standort zu bestimmen«, erklärt Prince.
Wenn ein GPS-getracktes Fahrrad gestohlen wird, kommen heutzutage oft sogenannte Bike-Hunter zum Einsatz. VanMoof hat mit dieser Eingreiftruppe viel Aufmerksamkeit erregt. Statt sich selbst auf die Suche nach dem eigenen, gestohlenen Fahrrad zu machen und dabei vielleicht eine dumme Entscheidung zu treffen, überlässt man die Wiederbeschaffung den Profis, die sich diese Aufgabe zum Beruf gemacht haben und entsprechend mehr Erfahrung und nötiges Wissen mitbringen, um dies auf sichere Weise zu bewerkstelligen. Bei IoT Ventures arbeiten für das Produkt It‘s My Bike insgesamt acht Bike-Hunter. Sie kümmern sich auf die vielfältigste Weise darum, gestohlen gemeldete, mit GPS-Trackern versehene E-Bikes den rechtmäßigen Besitzerinnen und Besitzern zurückzubringen. Auch dieser Service ist im Paketpreis enthalten.
Preis muss vermittelt werden
Ein größeres Zurückzucken bei der Kundschaft gibt es beim Anschaffungspreis. In der Größenordnung von 200 Euro, etwas drunter oder drüber, muss man in diese Lösungen investieren. Als ob das nicht schon genügte, kommen noch laufende Kosten für die Datenübertragung dazu. Diese sind meist im Startpaket für ein oder zwei Jahre enthalten, aber danach wird ein jährlicher oder monatlicher Obolus zusätzlich fällig.
So mancher wird an dieser Stelle darüber nachdenken, ob es wirklich so teuer sein muss. Eventuell reicht auch ein Tracker, der auf Apples Airtag-Technologie beruht.
Hier hat sich Knog mit seinem Produkt »Scout« positioniert. Explizit für den Einsatz am Fahrrad bietet es sowohl eine eingebaute Alarmanlage, die über App scharf geschaltet werden kann, als auch eine Tracking-Funktionalität. Damit vereint es zwei Produkte in einem. Dabei sollte man sich über die Vor- und Nachteile im Klaren sein. So ist man zum einen abhängig vom »Wo-ist«-Netzwerk der Apple-Welt. Gibt es keine Apple-Geräte in Bluetooth-Nähe, gibt es auch keine allzu große Standortgenauigkeit.
»Wir beschaffen 82 Prozent der Räder wieder.«
Damian Prince, Sales Manager Germany bei Bikefinder
Im Unterschied zur metergenauen Ortsangabe bei Bikefinder bleibt oft eine größere Toleranz übrig. Gerade in den Ballungsräumen funktioniert das aber heutzutage meist ziemlich gut. Trotzdem sind die Geräte oft nicht genau genug, um die Polizei zum Handeln zu bewegen. Wenn klar ist, dass ein Fahrrad in einer bestimmten Wohnung ist, besteht ein Anfangsverdacht, der zur Wohnungsdurchsuchung berechtigt. Bleibt unklar, wo das Rad genau ist, endet der Versuch der Wiederbeschaffung an dieser Stelle. Wer kein Iphone benutzt, ist grundsätzlich raus.
Daneben hat der Scout aber noch manchen Vorteil: Die Akkulaufzeit liegt auch ohne externe Energieversorgung bei rund sechs Monaten, es gibt keine laufenden Kosten und günstiger ist er allemal. Wer also mit den genannten Einschränkungen leben kann, findet auch für kleineres Geld interessante Lösungen.
Einen ganz normalen Airtag von Apple kann man als Diebstahlschutz für das Fahrrad übrigens nicht herannehmen. Wer schon mal einen längeren Spaziergang unternommen hat mit jemandem, der eigene Airtag-Geräte mitführt, hat vielleicht schon die Meldung gesehen, dass man vom eigenen Iphone gewarnt wird vor vermeintlichen fremden Tracking-Maßnahmen. Wenn die Diebe auch Apple-Nutzende sind, ist der Schutz also mitunter schnell dahin. Tatsächlich gibt es daneben noch andere Probleme: Zum einen geht es bei der Apple-Warnung um Datenschutz, zum anderen gibt es heutzutage Phänomene wie Airtag-Stalking, die man erst nehmen sollte. Es gibt auch Berichte, bei denen Menschen ein Airtag untergeschoben wurde, um ihren Wohnort zu erfahren und sie später dort auszurauben.
Die Rückholquote kann sich beim Einsatz von GPS-Trackern sehen lassen: »Wir holen drei von vier Fahrrädern zurück«, berichtet Sielmann. Dabei kann es auch mal dauern, bis das Rad wieder zurück zum Besitzer oder der Besitzerin findet. »Es gibt verschiedene Zeitspannen. Manche Fahrräder sind innerhalb einer Stunde wieder zurück. Andere verschwinden für ein paar Wochen oder Monate. So haben wir beispielsweise ein Rad, das in Berlin gestohlen wurde, nach drei Monaten im Kosovo wiedergefunden. Auch da hat die Kommunikation mit der örtlichen Polizei super funktioniert.«
_Trackinglösungen auf Airtag-Basis sind eine kostengünstige Maßnahme, um das eigene Rad nicht aus dem Blick zu verlieren. _
Etwas besser ist die aktuelle Statistik bei Bikefinder. »Wir beschaffen 82 Prozent der Räder wieder«, sagt Prince.
Wiederbeschaffungsqoute steigt mit Trackern enorm
Trotzdem gibt es ein Viertel bis ein Fünftel der Diebstahlsfälle, bei denen die Wiederbeschaffung scheitert. Die Gründe dafür sind vielfältig. Allzu genauen Einblick will man bei IoT Ventures aber auch nicht geben. »Genau wie bei der Verbausituation halten wir es aber so, diese Umstände nicht öffentlich zu kommunizieren, da Diebe daraus gegebenenfalls gewisse Maßnahmen für ihr Handeln ableiten können.« Nur in seltenen Fällen bleibt das Rad verschwunden, weil die Diebe Tracker entfernen würden. Häufiger ist der Fall, dass durch die Wahl des Einbauortes keine dauerhaft sichere Energieversorgung sichergestellt ist.
Für Händler relevant ist etwa zu wissen, dass ein häufiger Verbaupunkt das Rücklicht ist. Wenn dieses aber nicht auf Dauerlicht eingestellt ist, bekommt der Tracker womöglich nicht genug Energie für seinen dauerhaften Betrieb.
»Am Connected Bike wird man nicht vorbeikommen.«
Nina Sielmann, IoT Ventures
Wer also seiner Kundschaft einen Gefallen tun will, sorgt dafür, dass in diesen Fällen das Tagfahrlicht standardmäßig voreingestellt ist. Insgesamt muss man sich vergegenwärtigen, dass im Vergleich zur Aufklärungsquote der Polizei bei Fahrraddiebstählen, die aktuell im einstelligen Prozentbereich liegt (je höher die angenommene Dunkelziffer, desto niedriger der Wert), ein Tracker ein wesentliches Sicherheitsplus bietet.
Auch sonst kann der Handel verbaute Tracker deutlich mehr und besser nutzen, als es bislang vermutlich der Fall ist. It‘s My Bike bietet etwa an, die GPS-Tracker an den Ausstellungsstücken schon vor dem Verkauf zu aktivieren. Damit kann einerseits im Verkaufsgespräch die Lösung präsentiert werden und andererseits ist auch der Händler geschützt, sollte er das Opfer eines Einbruchdiebstahls in seinem Ladengeschäft werden. Dabei müssen nicht einmal alle verfügbaren Tracker aktiviert werden. »Wir haben schon ganz oft erlebt, dass wenn auch nur ein getracktes Bike dabei ist, die Polizei noch eine Menge anderer gestohlener Fahrräder findet«, berichtet Sielmann.
Dass GPS-Tracker weit mehr sind als nur eine Modeerscheinung für übernervöse Neubesitzer, steht vermutlich außer Frage. Zum Diebstahlschutz kommen heute eben noch viele weitere Funktionen, auf die Konsumenten und Hersteller nicht gerne verzichten werden wollen. Nina Sielmann sieht das naturgemäß genauso: »Das ist auf jeden Fall die Zukunft. Am Connected Bike wird man nicht vorbeikommen.« //
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