
Interview - Gustav Gullholm aka Dangerholm
»Ich arbeite sechs, sieben Tage die Woche«
Du bist schon länger für deine ausgefallenen Custom-Projekte bekannt. Wann wurde aus der Leidenschaft ein Vollzeitjob?
Es war ein sehr langer Prozess. Ich habe schon mit 14 Jahren nach der Schule im Bikeshop geschraubt, um Geld für meine Custom-Projekte zu verdienen. Die Bikes wurden immer verrückter. 2017 hatte ich dann meinen Durchbruch in den Medien mit den damals leichtesten Bikes der Welt. Diese wurden in allen großen Zeitschriften und auf Websites vorgestellt. Ich begann, die Bauprozesse in den sozialen Medien zu teilen. Der Erfolg brachte mich auf die Idee, Firmen nach Unterstützung für einen Rahmen oder ein paar Komponenten zu fragen. Es ist jedoch ein großer Schritt von Teile-Sponsoring bis hin zu tatsächlicher finanzieller Unterstützung. Bei mir hat es knapp fünf Jahre gedauert, bis ich meinen Job kündigen und mich ganz dieser Sache widmen konnte.
Das klingt nach einem Traumjob. Ist es das?
Ironischerweise arbeite ich, seit »Dangerholm« mein Job ist, viel zu viel und fahre weniger Fahrrad als je zuvor. Ich habe tausend Ideen für Bikes. Alles klingt nach Spaß. Also fange ich ein paar Projekte zu viel an. Am Ende verbringe ich zehnmal mehr Zeit in meinem Büro als in meiner Werkstatt, um alles zu organisieren. Abgesehen von ein paar Urlaubswochen arbeite ich sechs, sieben Tage die Woche und oft viele Stunden. Genau wie die meisten Menschen, die ein Unternehmen gründen, denke ich.
Wie groß ist der Druck, viele Klicks zu generieren?
Ich spüre nicht viel Druck als solchen. Ich versuche, langfristig mit meinen Partnern zusammenzuarbeiten, und sie scheinen mir bei dem, was ich tue, zu vertrauen. Soziale Medien können sehr willkürlich sein. Manchmal steckt man viel Arbeit in Inhalte, die nur mäßig ankommen. Aber dann kann ein mit dem Handy gedrehter Videoclip völlig viral gehen. Es kann gut funktionieren, ständig auf Trends aufzuspringen und nur auf Aufrufe und Klicks zu zielen. Ich glaube aber, dass man für langfristigen Erfolg im Allgemeinen seine Nische und seinen eigenen Stil haben muss. Es ist ein bisschen wie in der Musik, wo es One-Hit-Wonder gibt. Wenn eine Band oder ein Musiker wirklich gut ist und im eigenen Stil weitermacht, dann ist es wahrscheinlich, dass sie mehr Erfolg haben werden. Es sollte etwas Tiefe und Substanz geben, nicht nur Oberfläche.
Scheinbar jeder möchte Content Creator sein. Was ist deine Meinung dazu?
Menschen sollten immer versuchen, ihre Träume wahr werden zu lassen. Vielleicht wird es nicht zu einem Vollzeitjob. Aber wer weiß, wohin es führt. Ich denke, es ist in jedem Fall gut, realistische Erwartungen und eine vernünftige Sichtweise zu haben. Es scheint, dass viele unterschätzen, wie viel Wert man tatsächlich bieten muss, um einen Kooperationsvertrag zu bekommen. Und auf der anderen Seite gibt es Unternehmen, die nicht erkennen, wie viel Wert sie für so gut wie keine Kosten erhalten. Ein Content Creator muss ein professionelles Image anstreben und, was noch wichtiger ist, potenziellen und bestehenden Partnern gegenüber professionell auftreten. Marken wollen sichergehen, einen tatsächlichen Mehrwert zu erhalten. Andererseits sollten Marken wiederum erkennen, dass diese Art von Marketing im Vergleich zu traditionellem Marketing oft sehr erschwinglich ist.
Wie meinst du das?
Wenn man einen Fotografen oder Videofilmer engagiert, an einen Ort fährt und eine Produktion durchführt, die gesamte Marketing-Arbeit intern erledigt und vielleicht für die Veröffentlichung oder für Features bezahlt, kommen normalerweise mehrere Tausend Euro zusammen. Dennoch denken viele, dass es teuer ist, all dies auf einem Silbertablett serviert zu bekommen, einschließlich des Marketing-Werts und hoffentlich des Einflusses der beteiligten Person, und das zu einem im Allgemeinen viel geringeren Preis. Aber es ist ein Lernprozess für alle Beteiligten und mit der Zeit wird es immer besser werden. Ich hoffe, dass wir in den kommenden Jahren ein gutes Gleichgewicht in der Marketing-Landschaft zwischen den Erstellern von Inhalten, den Renn-/Profifahrern und den traditionelleren Radsportmedien sehen werden, da ich glaube, dass alle drei eine wichtige Rolle spielen. //
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