USA: Markt im Dauersinkflug
Jay Townley warnt vor dem häppchenweisen Aussterben
Nach einem schwierigen Jahr 2006 zeichnen die Absatzkurven für das Jahr 2007 bisher freundlichere Trends für den amerikanischen Fahrradmarkt: Im ersten Halbjahr 2007 wurden in die USA insgesamt 9,145 Millionen Fahrräder eingeführt, was einem Zuwachs um rund 5 % gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum entspricht und wegen weitgehend fehlender inländischer Fertigung mit dem gesamten Inlandsabsatz gleich gesetzt werden kann. Leicht gestiegen ist dabei der Durchschnittswert der Fahrräder zu FOB-Preisen: von 55,71 USD auf 58,31 USD.
Der amerikanische Fachhandel, so Townley, werde auch in diesem Jahr seinen bisher stabilen Anteil am Gesamtabsatz von 16 bis 17 % nach Stückzahlen halten können. Das bedeute für 2007 ein Absatzvolumen von rund 3,1 bis 3,2 Millionen Fahrrädern bei den sogenannten IBDs bzw. ein Gesamtumsatz mit Fahrrädern von rund 1,4 Mrd. EUR. Der Durchschnittspreis pro verkauftem Fahrrad werde in diesem Jahr wahrscheinlich auf 430 USD (2006: 422 USD) steigen.
Das war die zunächst frohe Botschaft, die Townley seinen Zuhörern auf der Interbike überbringen konnte. Allerdings warnt der Branchenanalyst seine Zuhörer traditionell davor, nur auf die kurzfristigen Schwankungen im Markt zu achten. Denn schon seit langem lasse sich im US-Markt beobachten, dass auf ein Jahr mit ein paar Prozent Minus ein Jahr mit ein paar Prozent Plus folgten. Die langfristigen Trends, die darüber oft übersehen werden, bereiten Townley gegenwärtig Sorgen.
Die langfristigen Trends bereiten Sorgen
Insgesamt habe es die Fahrradbranche nicht geschafft, mit dem Wachstum der amerikanischen Wirtschaft in den vergangenen acht Jahren Schritt zu halten. Daran hat wohl auch der bis vor einem Jahr ausgeprägte Rennradboom in den USA nichts ändern können. In einer Statistik des Sporthändlerverbands NSGA über die Zahl der aktiven Radfahrer in den USA lässt sich zwar durchaus ein Rennrad-Effekt ablesen, über einen längeren Zeitraum betrachtet wird aber auch deutlich, dass das Fahrrad in den USA an Popularität verliert: Von dem zwischenzeitlichen Hoch mit fast 60 Millionen aktiven Bikern vor rund zehn Jahren sind heute nur noch etwas über 35 Millionen übrig.
Verlust beim Verkauf von Fahrrädern
Ein weiterer langfristiger Trend, dessen Spuren im amerikanischen Markt immer deutlicher werden, ist der Rückgang der Fachhändlerzahlen. Bis zum Ende des Jahres werde es, so die Schätzung amerikanischer Branchenverbände, noch rund 4450 Fahrrad-Fachgeschäfte in den USA geben, was einem weiteren Rückgang im Jahresvergleich um rund 150 Läden entspricht. Doch obwohl sich immer weniger Händler einen vergleichsweise stabilen Kuchen teilen würden (die verbliebenen Händler im Schnitt also mehr Umsatz machen), gelinge es der Branche nicht, beim Verkauf von Fahrrädern einen Gewinn zu erzielen. Im Gegenteil: Im Schnitt würden US-Fachhändler hier einen betriebswirtschaftlichen Verlust von rund 5 % machen, der durch andere Sortimente oder Dienstleistungen wieder ausgeglichen werden müsse.
Die Forderungen, die Townley angesichts dieser Entwicklungen an seine Zuhörer stellte, waren nicht unbedingt neu, haben aber an Aktualität nichts eingebüßt: Die Zeit sei reif für neue Strategien im Fachhandel, so Townley. Und zwar Strategien, die den Kunden und nicht das Produkt in den Mittelpunkt stellen würden. Außerdem müsse der Handel seinen Service besser als wertvolles Produkt vermarkten. „Die Antwort ist, dem Kunden ein außergewöhnliches Einkaufserlebnis zu bieten, das von einer absolut kundenorientierten Organisation in ihrem Unternehmen hervorgerufen wird“, so Townley. Dazu müsse der Handel vor allem aber auch die Ausbildung seiner Mitarbeiter auf ein deutlich höheres Niveau bringen. Entsprechende neue Initiativen des amerikanischen Fachhandelsverbands NBDA sollen ihn dabei unterstützen.
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