Markt - Pop-up-Stores
Laden to go
Ein Pop-up-Store, so weiß der Duden, ist ein »nur vorübergehend, für kurze Zeit (an derselben Stelle) existierendes Ladengeschäft, besonders in Großstädten«. Und es scheint ein Konzept zu sein, das gut ankommt. Bei einer Umfrage des britischen Online-Händlers OnBuy.com im Jahr 2019 glaubten 70 Prozent der Befragten, dass Pop-up-Konzepte den Einzelhandel beleben könnten. 60 Prozent fanden solche zeitweiligen Ladengeschäfte »unterhaltsam und aufregend«, 57 Prozent empfanden es als einfacher, kleine Marken zu entdecken, und 47 Prozent halten Pop-up-Stores für eine gute Möglichkeit, um einen persönlichen Kontakt zu den Kundinnen und Kunden aufzubauen. Laut Statista stimmen 80 Prozent der befragten Expansionsbeauftragten im Einzelhandel der Aussage (eher) zu: »Die Eröffnung von Pop-up-Stores wird zunehmen.«
Eine Meinung, die Christoph Edler teilt. Er ist einer der beiden Geschäftsführer der Kölner Agentur That’s Retail, einem Full-Service-Anbieter für temporäre Sales-Konzepte. Rund 40 Pop-up-Projekte haben Edler und das Team von That’s Retail bereits umgesetzt, er weiß: »Gerade in den Bereichen regionaler und saisonaler Produkte funktionieren Pop-up-Stores gut und können Akzente beim Konsumenten setzen.« Folglich sei auch für den Fahrradeinzelhandel das Konzept des temporären Ladengeschäfts sinnvoll, da sich genau in den interessanten Monaten zielgerichtet Konsumentinnen und Konsumenten ansprechen lassen.
Tatsächlich gaben in einer 2019 durchgeführten Untersuchung des US-Online-Marktplatzes Storefront und der Universität von South Carolina
63 Prozent der befragten Händlerinnen und Händler, die einen Pop-up-Store eröffnet hatten, an, dies getan zu haben, um Kontakt mit den Kundinnen und Kunden aufzunehmen. Dieser Gedanke lag zumindest teilweise auch hinter der Idee des Paderborner E-Bike-Start-ups SMAFO, einen Pop-up-Store im Herzen von Hamburg zu eröffnen. Außerdem, erläutert Gründer Sven-Ulrik Schneider den Schritt, »bietet diese Form des Ladengeschäfts Vorteile wie eine günstige Miete oder flexible Vertragslaufzeiten«.
Mittendrin: Mittels Popup-Store lassen sich temporär 1a-Lagen nutzen.
Reine Online-Händler profitieren zudem von den Möglichkeiten zur Probefahrt und persönlichen Beratung sowie um temporär auf 1a-Lagen neue Kunden zu gewinnen. Eine andere Motivation hatte Kai Nüchter von der hessischen Einzelhandelskette Velocultour. Für ihn als bereits bestehender stationärer Einzelhändler ist der Pop-up-Store die Möglichkeit, vor der festen Anmietung einen Standort zu testen. Nachdem er mit einem Pop-up-Store im rund 40 Kilometer entfernten Lauterbach so gute Erfahrungen gemacht hat, dass inzwischen ein fester Standort daraus geworden ist, folgte im Mai dieses Jahres ein weiteres Pop-up-Projekt auf der Landesgartenschau in Fulda – inklusive Verleihstation.
So flexibel das Konzept des Pop-up-Stores auch ist, damit es funktioniert, ist eine detaillierte Planung und Vorbereitung notwendig: »Einige denken, ein Pop-up-Store ist gleichzusetzen mit wenig Kosten und wenig Aufwand. Das ist aber ganz und gar nicht so«, sagt SMAFO-Chef Sven-Ulrik Schneider, und auch Christoph Edler von That’s Retail warnt davor, einfach loszurennen. Einige der Punkte, die es bei der Planung eines Pop-up-Stores zu beachten gilt, umfassen:
Ein Ziel definieren
Was soll der temporäre Laden leisten? Neue Produktlinien oder Marken testen? Ware aus der vergangenen Saison abverkaufen? Einen potenziellen neuen Standort ausprobieren? Persönlichen Kontakt zu (potenziellen) Kunden herstellen? Prinzipiell sind alle Ansätze möglich, nur nicht alle auf einmal, den Kundinnen und Kunden muss der Nutzen des Pop-ups klar sein.
Den Standort auswählen
Die Lage der temporären Ladenfläche ist entscheidend. Sie sollte leicht zu finden und gut erreichbar sein. Am besten zu Fuß ebenso wie mit Fahrrad oder Auto. Oft helfen persönliche Kontakte beim Finden von Flächen. Sven-Ulrik Schneider kam über sein Netzwerk an die Hamburger SMAFO-Fläche, Kai Nüchter verdankte den Lauterbacher Velocultour-Store einem ehemaligen Studienkollegen. Aber auch über Kanäle wie lokale Immobilienanzeigen oder Makler, die sich auf die Vermittlung von Leerständen spezialisiert haben, finden sich geeignete Flächen.
Organisatorisches erledigen
Der Pop-up-Store muss bei der Gewerbebehörde angemeldet werden. Darüber hinaus gilt es, sicherzustellen, dass die entsprechende Infrastruktur (Feuerwehrzufahrt, Lagerräume, Toiletten etc.) vorhanden ist. Auch muss die Ware versichert und gutes, fachkundiges Personal vor Ort sein. »Das ist noch herausfordernder in einem Pop-up«, weiß Sven-Ulrik Schneider. Denn entweder muss Stammpersonal in eine andere Stadt versetzt oder jemand gefunden werden, der bereit ist, sich schnell in die Materie einzuarbeiten, obwohl das Arbeitsverhältnis begrenzt ist.
Finanzierung im Blick behalten
Hier fallen unter anderem neben Miete und Personalkosten auch Kosten für Betrieb, Reinigung und Werbung an. »Bei der Ausstattung lässt sich unserer Erfahrung nach etwas improvisieren, da muss es nicht perfekt sein«, hat Kai Nüchter erfahren. Tipp: Eine Ladenausstattung zu mieten, kann sich für einen Pop-up-Store eher lohnen, als eine zu kaufen.
Nach einem Pop-up-Projekt in einem Münsteraner Reisebüro konzentriert sich Rose wieder auf eigene Stores und Shop-in-Shops.
Ein Einkaufserlebnis schaffen
Ein Pop-up-Store sollte auffallen und in Erinnerung bleiben, weiß Christoph Edler. Deshalb kann es sinnvoll sein, bei der Planung einen gewissen Event-Charakter mitzudenken. Getränke, Gewinnspiele oder vielleicht ein Selfie-Spot und Live-Musik am Wochenende sind beispielsweise Möglichkeiten, sich interessant zu machen. Trommeln Sie außerdem vorab für den Pop-up-Store. Etwa einen Monat vor Eröffnung sollten die Marketing-Maßnahmen starten, zum Beispiel in Form von Social-Media-Posts, Newslettern oder klassischen Werbeanzeigen. Sorgen Sie zudem für eine stabile WLAN-Verbindung, damit das Kassensystem zuverlässig funktioniert.
Kein Selbstläufer
»Legen Sie den Fokus eher auf Kundenbindung denn auf das Verkaufen«, empfiehlt That’s-Retail-CEO Edler außerdem. So hielt es auch Rose Bikes während eines Pop-up-Projekts während der Corona-Zeit. Der Bocholter Bike-Riese mietete sich 2020 für sechs Monate auf der Fläche eines Reisebüros in Münster ein, das aufgrund des Lockdowns nicht arbeiten durfte. Einerseits, um Solidarität mit Unternehmen zu unterstützen, denen die Krise die Existenz zu rauben drohte. Andererseits, um in der Fahrradhochburg Münster Kunden vor Ort die Möglichkeit zu geben, die neuen Modelle anzuschauen und Testfahrten zu machen.
Ein weiteres Pop-up-Projekt ist jedoch nicht geplant bei Rose Bikes, die neben dem Online-Shop acht eigene Stores, neun Shop-in-Shops mit Retail-Partnern wie Globetrotter und Breuninger sowie ein wachsendes Netzwerk an Werkstatt-Kooperationen in Deutschland und der Schweiz betreiben. Und Tino Zieger, Eigentümer von Elbbikes im sächsischen Pirna, schließt eine solche Pop-up-Option sogar kategorisch aus: »Mir als kleinem Laden wäre der Aufwand zu groß«, sagt er. Man könnte sagen, er versperre sich innovativen Lösungen. Vielleicht hat er aber auch einfach recht, denn, so mahnt Christoph Edler: »Auch ein Pop-up-Store unterliegt den Voraussetzungen eines normalen Ladens. Die Erwartungshaltung sollte also realistisch sein.« //
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