Entscheidung der EU-Kommission:
Mehrwertsteuersenkung für Fahrräder in Sicht
Bereits 2018 wurde von der EU-Kommission eine Reform der Mehrwertsteuersätze vorgeschlagen. Die Überarbeitung und Modernisierung war notwendig, um die Vorschriften mit „den Prioriäten der EU in Einklang zu bringen“, wie es von Seiten der Kommission heißt. So will man schädliche Mehrwertsteuervorschriften in Sachen Umwelt oder Gesundheit beseitigen und gleichzeitig positive Entwicklungen bestärken. Wie sich nun zeigt, gehört das Fahrrad ausdrücklich zu den Prioritäten der EU. „Bestimmte Gegenstände wie Fahrräder, ökologische Heizsysteme und Solarpaneele, die in Privathaushalten und öffentlichen Gebäuden installiert werden und sich positiv auf die EU-Klimaschutzprioritäten auswirken können“, wurden dem Verzeichnis der Gegenstände und Dienstleistungen, auf die ermäßigte Mehrwertsteuersätze angewandt werden können, hinzugefügt.
„Das aktualisierte Verzeichnis wurde anhand einer Reihe allgemeiner Grundsätze erstellt, die die Mitgliedstaaten künftig einhalten müssen. Hierzu zählen die Gleichbehandlung zwischen den Mitgliedstaaten, die Angleichung des Verzeichnisses an die EU-Prioritäten zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels sowie des Schutzes der öffentlichen Gesundheit und der Ausschluss bestimmter Gegenstände und Dienstleistungen, für die ermäßigte Steuersätze nicht als angemessen erachtet werden“, erklärt eine Stellungnahme der EU-Kommission weiter.
Erste Stellungnahmen von Verbänden
Das bedeutet aber noch nicht, dass die Senkung der Sätze in Deutschland unmittelbar bevorsteht, wie Albert Herresthal erklärt: „Bis März 2022 wird die von den Finanzministern beschlossene Reform dem Europäischen Parlament vorgelegt. Nach ihrer förmlichen Annahme durch die Mitgliedstaaten treten die Rechtsvorschriften 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft, sodass die Mitgliedstaaten das neue System ab diesem Zeitpunkt anwenden können. Eine Umsetzung in Deutschland dürfte frühestens zum 1.1.2023 erfolgen.“ Grundsätzlich ist die Reform aber ein Grund zur Freude: „Der einstimmige Beschluss der EU-Finanzminister zur Reform der MwSt.-Strukturen ist eine gute Nachricht – nicht nur für die Fahrradbranche. Die Abschaffung der Möglichkeit, ermäßigte Steuersätze oder Steuerbefreiungen auf „Gegenstände und Dienstleistungen anzuwenden, die als schädlich für die Umwelt und die Klimaschutzziele der EU gelten“ (EU-Kommission) ist ebenso zu begrüßen wie die Ermöglichung, solche, die „dem Schutz der öffentlichen Gesundheit dienen, umweltfreundlich sind und den digitalen Wandel begünstigen“ nur noch mit dem reduzierten MwSt.-Satz zu belegen. Die Reform kann also aufkommensneutral umgesetzt werden.
Für die Reduzierung der MwSt. auf Produkte und Dienstleistungen rund ums Fahrrad haben sich die Verbände der Fahrradwirtschaft seit langer Zeit politisch engagiert. Im VSF gab es hierzu 2018 den offiziellen Beschluss der Mitglieder, diese Forderung voranzutreiben. Auch bei einem vivavelo Kongress der Fahrradwirtschaft stand sie in der Abschlusserklärung.“
Inzwischen haben sich auch die ersten Verbände zu der EU-Mehrwertsteuerreform geäußert. Dazu gehört auch der Industrieverband Conebi „ECF, Conebi und CIE begrüßen diesen Schritt, der das Potential hat, Fahrräder in Europa für Konsumenten günstiger zu machen und dem Radfahren einen weiteren Boost zu verschaffen.“ Conebi weist darauf hin, dass im ersten Entwurf von 2018 konventionelle Fahrräder und E-Pkw bereits als Begünstigte vorgesehen waren, E-Bikes aber nicht. Daran anschließend habe man begonnen, sich um eine Änderung zu bemühen. Nun sind auch Verleih und Reparaturen mit eingeschlossen. General Manager Manuel Marsilio erklärt dazu: „Es war ein langer Weg, seit wir die Gesetzgebungskampagne zusammen mit dem ECF 2018 gestartet haben. Nun sehen wir ein greifbares Ergebnis. Die Reform eröffnet eine einzigartige Chance für die Regierungen in Europa, das Fahrrad in sehr praktischer Weise zu fördern. Wir warten nun auf konkrete Mehrwertsteuersenkungen in allen EU-Ländern und unterstützen die Arbeit unserer nationalen Mitgliedsverbände.“
Die Reform ist nicht zuletzt ein Auftrag an die neue Bundesregierung, wie etwa Herresthal ausführt, denn die konkrete Ausgestaltung der Mehrwersteuersätze ist Sache der EU-Länder: „Die Reform setzt einen Rahmen, in dem die Länder weitreichende Spielräume haben. Die Anwendung einer reduzierten MwSt. auf Fahrräder ist nicht selbstverständlich, auch wenn Fahrräder von der EU sogar beispielhaft genannt werden. Die Fahrradbranche wird bei den Entscheidern, z.B. dem Finanzminister, noch Überzeugungsarbeit leisten müssen, damit die Reduzierung auf Fahrräder auch Wirklichkeit wird. Es ist eine echte Chance für den neuen Bundesverkehrsminister zu zeigen, dass er sich nicht nur als Anwalt der Autofahrer sieht, wie gleich nach seiner Nominierung, als er eine Senkung der Spritpreise durch Reduzierung der Energiesteuern vorschlug.“
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