Marschroute im Fahrradhandel für 2008:
Mit richtiger Positionierung den positiven Trend ausnutzen
Alle Ampeln stehen auf grün
„Alle Ampeln für eine positive Entwicklung der Fahrradbranche stehen auf grün“, sagt Adrianus Roest, Frontmann in Deutschland bei Einkaufs- und Marketing-Dienstleister Biretco. Als Beispiele nennt er die wachsende Zahl der junggebliebenen und solventen Senioren, die sich sportlich betätigen wollen, aber auch technische Innovationen, die z.B. bei den Elektrobikes für immer größere Akzeptanz und dadurch steigende Absätze sorgen. Steigende Benzinkosten machen das Fahrrad zudem als Alternative für Kurzstrecken attraktiver, ebenso die Umweltzonen, die 2008 wegen des Feinstaubes in vielen Städten eingerichtet werden. Und nicht zuletzt erlebt der Fahrradtourismus weiterhin einen Boom, der durch die Ausweitung von Angeboten und ausgeschilderten Touren weiter angefacht wird.
Doch es sind noch viele weitere Faktoren dafür verantwortlich, ob sich diese positiven Rahmenbedingungen letztendlich auch in einem Geschäftserfolg in einem Fahrradgeschäft nieder schlagen. Einige davon kann jedes Unternehmen in der Branche selbst beeinflussen, andere nicht.
Positive Prognose beim privaten Konsum
Keinen messbaren Einfluss haben einzelne Unternehmen beispielsweise auf die konjunkturelle Lage in unserem Land. Doch hier sind die Prognosen zur Entwicklung der Ausgaben für den privaten Konsum gar nicht so schlecht. Das Ifo-Institut stellte beispielsweise in einer Mitteilung zur Konjunkturprognose 2008 jüngst fest, dass im vergangenen Jahr das erzielte Wirtschaftswachstum noch ohne den privaten Konsum stattgefunden habe. Für 2008 sei hier nun eine deutliche Belebung zu erwarten. Die Begründung: Sinkende Arbeitslosenzahlen und mehr Beschäftigung erhöhen insgesamt die Kaufkraft, was sich in steigenden Konsumausgaben niederschlagen werde. Darauf hofft auch Markus Lehrmann, Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Zweiradhändler (VDZ): „Es besteht berechtigte Hoffnung, dass die angekündigte Belebung der Binnennachfrage auch den Fahrradeinzelhandel erreichen wird. Darüber hinaus sind die Schwierigkeiten, die mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer verbunden waren, spätestens 2008 überwunden“. Bedingung dafür wären jedoch stabile Konjunkturdaten und eine Inflationsrate von deutlich unter 2%, so der VDZ-Geschäftsführer. Zumindest bei der Teuerungsrate könnte diese Bedingung verfehlt werden, so schätzt jedenfalls das Ifo-Institut. Nach durchschnittlich 2,1% im Jahr 2007 gehen die Konjunkturforscher von einer durchschnittlichen Inflationsrate von 2,3 % im Jahr 2008 aus.
Wie wird das Wetter?
Auch wenn das Klima insgesamt wärmer wird, gibt es verlässliche Prognosen über das Wetter im Jahr 2008 natürlich nicht. Doch welchen Einfluss hat das Wetter überhaupt auf den Marktverlauf? „Einen nicht unerheblichen“, meint Albert Herresthal, Geschäftsführer des Verbunds Selbstverwalteter Fahrradbetriebe (VSF). „Dies betrifft zum Glück aber mehr den Freizeit- und Touristikbereich als den Alltagsverkehr“, so Herresthal weiter. Adrianus Roest hat zu diesem Thema eine etwas differenziertere Meinung: „Jedes Jahr beklagt man sich über das Wetter – es ist je nach Situation zu kalt, zu nass, zu heiß usw. Sicherlich spielt auch das Wetter eine Rolle bei der Erzielung des Umsatzes, genauso wie die wirtschaftlichen Bedingungen. Aber maßgebend für den individuellen Erfolg ist und bleibt der persönliche Auftritt und die Positionierung des Fahrradhändlers in seinem Absatzgebiet“.
Positionierung ist der Weg für kleinere Händler
Unabhängig von konjunkturellen und wetterbedingten Rahmenbedingungen wird der Fachhandel auch im kommenden Jahr mit den verschiedenen Vertriebsformen konkurrieren müssen. „Der Kunde bleibt sehr preissensibel“, vermutet VDZ-Chef Lehrmann. „Somit werden Fachmärkte und Discounter auch 2008 eine hohe Kundenerreichbarkeit erzielen“. Der Fachhandel und speziell der Fachhandel mit Nischenprodukten habe es hingegen naturgemäß immer etwas schwerer, den Kunden zu erreichen, so Lehrmann weiter. Gleichwohl könne der Trend zu mehr Qualitätsbewusstsein auch zu einem Wachstum der Umsatzzahlen im Facheinzelhandel führen. Dem einzelnen Händler rät Lehrmann, „grundlegende Entscheidungen zu treffen, welchen Trends gefolgt und welche ausgelassen werden sollen.“ Aufgrund der immer breiter werdenden Sortimentsvielfalt empfehle es sich, in einigen Bereichen Spezialisierungen vorzunehmen. Denn: „Allein schon aus Kapazitätsgründen wird es kaum möglich sein, die gesamte Produktpalette gleichgewichtig abbilden zu können.“
Qualität als Risikofaktor
Einen gewissen Risikofaktor befürchtet Albert Herresthal in diesem Jahr auf Lieferantenseite. Zum einen rechnet der VSF-Vorstand wieder mit Lieferengpässen, vor allem wenn die Saison erneut früh startet. Aber auch die Qualität der Produkte sieht Herresthal als zunehmende Gefahr für den Erfolg der gesamten Branche. „Nicht ausgereifte Produkte oder gar eine in den Medien aufgebauschte eventuelle Häufung von Unfällen durch Materialversagen könnte am guten Image des Fahrrads kratzen“. Deshalb sein Appell an Produktentwickler und Hersteller: „Arbeitet sorgfältig und gründlich und testet ausreichend, bevor Ihr Produkte auf den Markt bringt.“
Das Internet: Fluch oder Segen?
„Der Zweiradhandel muss sich deutlicher mit den verschiedenen Vertriebskanälen auseinandersetzen“, rät Lehrmann. Dabei spiele auch das Internet eine wichtige Rolle, nicht nur als Verkaufskanal, sondern auch bei der Anbahnung von Geschäften. „Wir empfehlen dem Handel deshalb, aufgeschlossen gegenüber neuen Trends zu sein und eigene kreative Ideen zu entwickeln“, so der VDZ-Geschäftsführer. Was die Entwicklung des Online-Business angeht, so sieht auch Biretco-Manager Roest darin durchaus Chancen für den stationären Handel: „Neben den Konsumenten, die sich Informationen aus dem Internet holen und via Internet bestellen, gibt es viele Endverbraucher, die durch die Anzahl der Marken und Sonderangebote verunsichert werden. Diese Verbraucher sind auf der Suche nach jemanden, dem sie vertrauen können und der sie sicher durch diesen Dschungel führt. Ist das Vertrauen aufgebaut, sind diese Kunden dann auch bereit, für diese Leistung mehr zu zahlen“. Für Roest steht fest: „Auch 2008 werden die individuelle Firmen-Konjunktur und nicht die äußeren Umstände ausschlaggebend sein“.
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