Diskussion nach Brief von Ernst Brust
Neuberger: "Europäische Normen sind eine gute Basis für die Prüfung von Fahrrädern"
„Die europäischen Normen EN 14764, City- und Trekkingfahrräder; EN 14766, Mountainbikes; EN 14781, Rennräder sowie die EN 14872, Gepäckträger wurden von der Europäischen Kommission als harmonisierte Normen im Sinne der allgemeinen Produktsicherheitsrichtlinie anerkannt und im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
Damit erlangen diese europäischen Normen, die als DIN EN-Normen in Deutschland veröffentlicht wurden, einen erheblich höheren rechtlichen Stellenwert. Nach § 4 des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes heißt es:
"... .. . entspricht eine Norm, die eine harmonisierte Norm umsetzt, einer oder mehrerer Anforderungen an Sicherheit und Gesundheit, wird bei einem entsprechend dieser Norm hergestellten Produkt vermutet, dass es den betreffenden Anforderungen an Sicherheit und Gesundheit genügt."
Somit bezieht sich das GPSG selbstverständlich auf harmonisierte Normen, die im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurden.
Die von Herrn Brust zitierten Urteile von 1987 beziehen sich nicht direkt darauf, ob Normen zur Ermittlung der Sicherheit von Produkten herangezogen werden dürfen oder nicht. Selbstverständlich hat der Richter die Möglichkeit, bei einem Urteil von den Vorgaben der Norm abzuweichen. Er muss dies jedoch begründen, da auf Grund des GPSG die Vermutung nahe liegt, dass ein Produkt sicher ist, wenn es den harmonisierten Normen entspricht.
Das zweite zitierte Urteilt des Bundesgerichtshofs bezieht sich auf die Einhaltung von DIN-Normen bei vergleichenden Warentests und nicht auf die allgemeine Produktsicherheit.
Im Gegensatz zu den Ausführungen von Herrn Brust wurden die Normen nicht von "Delegierten" der Mitgliedsstaaten, sondern von Experten erarbeitet, die von den nationalen Normenorganisationen in das entsprechende CEN TC 333-Gremium benannt wurden. Dabei handelte es sich um Vertreter der Fahrrad- und Fahrradteileindustrie, der Verbraucherorganisationen sowie von Hochschulen und Prüfinstituten. Darüber hinaus waren Experten aus Amerika als Beobachter in die Entwicklung der Normen eingebunden. Somit war zu jedem Zeitpunkt der Erarbeitung der Normen das notwendige Expertenwissen vertreten.
Die europäischen Normen liegen in vielen Anforderungen vom Niveau her über der DIN 79 100. Hinsichtlich der Bremsenprüfung wurden auf Grund der Bedürfnisse in verschiedenen europäischen Staaten zusätzlich zu den Prüfungen auf einem Prüfstand auch Bremswegmessungen zugelassen, die jedoch in anderen Bereichen, z.B. im KFZ-Bereich, durchaus üblich sind.
Als Vorsitzender des CEN TC 333 bin ich deshalb der Auffassung, dass die europäischen Normen eine gute Basis für die Prüfung von Fahrrädern darstellen. Selbstverständlich können sie nur ein Mindestsicherheitsniveau vorgeben, damit auch Fahrräder im Einstiegsbereich die Anforderungen erfüllen können. Hochwertige Produkte, die von den Anbietern entsprechend ausgelobt werden, müssen mit höheren Anforderungen geprüft werden. Dies ist jedoch in allen Bereichen der Normung der Fall und wird von den Anbietern von Fahrrädern, Fahrradteilen und Komponenten entsprechend berücksichtigt.
Derzeit beschäftigen sich Expertenkreise sowohl auf nationaler wie europäischer Ebene mit den speziellen Fragen hinsichtlich der Prüfung von Carbon-Bauteilen. Natürlich müssen Normen regelmäßig neuen technischen Entwicklungen und dem Stand der Technik angepasst werden. Dies ist auch durch die vorgeschriebene Überprüfung der Normen nach 5 Jahren und durch die Besetzung der entsprechenden Expertengremien in jedem Fall sichergestellt."
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