Report - Kaufprämie für E-Bikes
Neue Anreize für ein Erfolgsmodell?
Elektroautos sind in Deutschland derzeit eher Ladenhüter. Dabei hatte die Bundesregierung für 2020 das Ziel definiert, eine Million E-Autos auf die Straßen zu bringen. Aktuell sind gerade mal etwas mehr als 25.000 zugelassen. Über Elektrofahrräder redet die Bundesregierung in diesem Zusammenhang selten. Dabei sind sie ein Erfolgsmodell. Die Millionenmarke haben sie längst geknackt. Bereits im vergangenem Jahr hatte etwa jedes achte verkaufte Fahrrad in Deutschland einen Elektromotor. In diesem Jahr sollen nochmal rund 560.000 weitere Pedelecs verkauft werden.
Angesicht dieser guten Verkaufszahlen ist es auf den ersten Blick verständlich, dass die Bundesregierung eine Kaufprämie für E-Bikes überflüssig findet. Aber den Mitgliedern des Bundesrats geht es weniger um die tatsächliche Verkaufszahl der E-Bikes, sondern vielmehr um die Wege, die deren Fahrer damit zurücklegen. Zurzeit sind viele Pedelec-Fahrer vorrangig noch als Freizeitradler unterwegs. Auch die aktuellen Zahlen beweisen: Der nächste Trend ist das E-Mountainbike. Aber der Bundesrat hat mit seinem Antrag eine andere Zielgruppe im Visier: die Pendler.
Der Bundesrat hat die Bundesregierung aufgefordert, zu prüfen, »wie der rechtliche Rahmen für eine deutlich stärkere Nutzung von Zweirädern mit Elektrounterstützung und mit Elektroantrieb auch in der betrieblichen Mobilität verbessert werden kann«. Dahinter steckt die Idee, steuerliche Anreize für Unternehmen und Belegschaft zu schaffen, um den Anteil der Arbeitswege mit E-Bikes deutlich zu erhöhen. Dass in dieser Zielgruppe noch viel Potenzial für Umsteiger vorhanden ist, hat das Projekt »E-Bike-Pendeln – Fahrspaß mit Rückenwind« gezeigt. Ein Jahr lang konnten 324 Pendler in Berlin-Brandenburg für acht bis zehn Wochen Pedelecs kostenlos ausleihen. 100 Räder standen ihnen zur Verfügung. Das Ergebnis: Jeder zweite Arbeitsweg wurde in der Testphase mit dem Pedelec zurückgelegt.
Kaufbereitschaft scheitert am Preis
Ein zentrales Kaufhemmnis war für die Pendler der Preis der Elektrofahrräder. Bereits in der Vorbefragung zu der Studie gaben zwei Drittel aller Befragten (68,9 Prozent) an, dass sie zwar schon einmal mit dem Gedanken gespielt haben, ein Elektrofahrrad zu kaufen. Jedoch waren 92 Prozent dieser Personen damals die Anschaffungskosten zu hoch.
Die Bundesregierung erklärt jedoch, dass es bereits steuerliche Anreize für den Kauf von E-Bikes gäbe. Damit spielen sie auf die sogenannte Dienstwagenregelung an. Einige Arbeitgeber bieten ihren Mitarbeitern an, Fahrräder jeglicher Art vom Rennrad bis zum E-Mountainbike zu leasen. Die unterschiedlichen Leasing-Modelle variieren leicht. Aber das Problem ist: Nicht alle Arbeitgeber bieten ihren Angestellten Jobrad und Co an.
Thomas Jüchter aus Buxtehude würde das Angebot sofort annehmen. Er fährt jeden Tag 21 Kilometer mit dem Auto zur Arbeit. Im Juli hat er sich bei einem Fahrradhändler für zwei Wochen ein E-Bike gemietet und getestet. Sein Fazit: »Klasse! Damit kann ich zwei bis drei Tage die Woche das Auto stehen lassen.« An den übrigen Tagen braucht der Musiktherapeut den trockenen Stauraum seines Wagens, um verschiedene große Instrumente direkt nach der Arbeit zu Abendveranstaltungen zu transportieren. Mit dem Pedelec muss er zwar morgens eine Stunde früher losfahren, komme aber »deutlich entspannter an«, sagt er. Trotz einiger Steigungen auf der Strecke.
Für Jüchter käme eine Kaufprämie gelegen. Sie erleichtert ihm den Kauf. Noch lieber würde er allerdings ein Elektrofahrrad leasen. Denn die Rate kann er locker über die eingesparten Tankrechnungen bestreiten und nach ein paar Jahren kann er ein neues Rad wählen. Doch sein Arbeitgeber bietet das Dienstrad-Modell nicht an. Von der Kaufprämie würde er allerdings profitieren.
Der Verkehrsclub Deutschland VCD unterstützt die Forderung des Bundesrats nach einer Kaufprämie für E-Bikes. Anders als die Bundesregierung sieht er darin nicht die Industrieförderung, sondern »eine politische Maßnahme mit Lenkungswirkung«, sagt Wasilis von Rauch vom Bundesvorstand des VCD. Der VCD tritt seit Jahrzehnten für eine Verkehrswende ein. Mehr Radverkehr ist ein Pfeiler dieser Wende. Insbesondere im Wirtschaftsverkehr sieht der VCD in den Stadtzentren viel Potenzial für einen Umstieg vom Sprinter aufs E-Cargobike. »Eine Kaufprämie ist, auch wenn sie nicht so hoch ist, ein sinnvolles Instrument«, sagt von Rauch.
Burkhard Stork, Bundesgeschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs, formuliert kritischer. Für seinen Verband sind Elektrofahrzeuge ganz klar ein »on-top-Verkehrsmittel.« Eine Kaufprämie für gewerblich genutzte E-Lastenräder macht für ihn nur dann Sinn, wenn die Unternehmer nachweisen, dass sie ein Auto stilllegen.
München fördert E-Bikes
Ganz so streng ist das Münchener E-Mobilität-Förderprogramm »e-zapft is« nicht. Hier wird die Prämie gestaffelt. München unterstützt rückwirkend zum ersten April 2016 Pedelecs, Lastenräder, Ladeinfrastruktur und vierrädrige Kleinfahrzeuge der EU-Zulassungsklasse L7e, die vom Bund nicht bezuschusst werden – darunter fallen zum Beispiel Fahrzeuge wie der Renault Twizzy oder das Aixam eCoupe.
Die Initiatoren wollen mit dem Programm die Lebensbedingungen in der Stadt verbessern. Erst im Juli haben der Verkehrsclub Deutschland (VCD) und die Deutsche Umwelthilfe vor dem Münchner Verwaltungsgericht einen Sieg erstritten. Demnach muss die Landeshauptstadt nun schnellstmöglich ihre Luftqualität verbessern. Dabei geht es vor allem um die Grenzwerte für Stickstoffdioxid, die München einhalten muss. Gelingt das nicht, muss die Stadt zahlen.
Mit »e-zapft is« fördert München ausschließlich Unternehmen, Gewerbetreibende, Freiberufler und gemeinnützigen Vereine. Für zwei- und dreirädrige Elektrofahrzeuge erhalten die Antragsteller 25 Prozent der Nettokosten, höchstens jedoch 500 Euro für Pedelecs und E-Roller beziehungsweise 1.000 Euro für Lastenpedelecs.
Bis Mitte September hatte das Münchener Referat für Gesundheit und Umwelt bereits den Kauf von 336 Pedelecs und 88 E-Lastenrädern mit Prämien unterstützt. »Wir sind zufrieden, es läuft sehr gut“, erklärt die Referats-Sprecherin und ergänzt: Wer sein Auto stilllege, könne einen weiteren Bonus bis zu 1.000 Euro beantragen. Das gilt jedenfalls für den Kauf eines Cargobikes.
22 Millionen sind zurzeit noch im Topf. Allerdings sollten damit auch E-Autos gefördert werden. Seit die Bundesregierung ihr eigenes Förderprogramm gestartet hat, überlegen die Münchener nun, ob die Millionen auch in E-Busse oder E-Taxen investiert werden sollen.
»Eine Kaufprämie wäre eine gute Initiative pro E-Bike und pro Fahrrad«, sagt Arne Sudhoff, Sprecher von Derby Cycle. Allerdings ist für ihn der Bonus nur eine Stellschraube von vielen. Vor einer Kaufprämie kommt für ihn der Ausbau der Infrastruktur. »Wir müssen erst unsere Hausaufgaben machen und ein vernünftiges Radwegenetz für E-Bikes schaffen, damit sie auch zum Einsatz kommen können«, sagt er.
Thorsten Heckrath-Rose, Geschäftsführer des Direktanbieters Rose in Bocholt, vertritt ebenfalls diesen Standpunkt. Für ihn ist die Infrastruktur der Schlüssel zu mehr Radverkehr. »Wir brauchen sichere Radwege von Tür zu Tür«, sagt er, außerdem gute Abstellanlagen für Fahrräder an zentralen Stellen und mehr Mitnahmemöglichkeiten im ÖPNV. »Eine Investition in die Infrastruktur kommt allen zu Gute und nicht nur den Käufern von Pedelecs«, sagt er.
»Aber wer sagt überhaupt, dass eine Million E-Bikes genug sind?«, fragt er mit Blick auf die Bundesregierung. Der Markt gibt in seinen Augen noch viel mehr her. »Wir haben vernünftige, hochwertige und sichere Produkte, die Spaß machen im Alltag«, erklärt er. Für viele Berufspendler sei der Umstieg vom Auto aufs Fahrrad oder E-Bikes interessant. Eine bessere Infrastruktur, die die unterschiedliche Aspekte abdecke, sei die Chance, mehr Menschen aufs Rad zu bekommen. Für Heckrath-Rose ist die Infrastruktur der Schlüssel zu mehr Radverkehr – nicht die Kaufprämie.
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