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Quelle: http://www.radlobby.at/
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Politische Forderungen in der Alpenrepublik

Österreich: Radlobby entwirft eine Strategie für mehr Radverkehr

Die Radlobby Österreich, in Struktur und Aufgaben vergleichbar dem deutschen ADFC, hatte im Vorfeld der letztjährigen Nationalratswahlen die bundespolitischen Knackpunkte für ein radfreundlicheres Österreich ermittelt. Aus dieser Vorarbeit wurde jetzt eine „Radstrategie für Österreich“ abgeleitet, die alle radverkehrsrelevanten Ministerressorts einbinden soll.

„Die Ressorts Verkehr, Umwelt, Gesundheit, Bildung, Finanzen und Wirtschaft gestalten die Rahmenbedingungen des Radverkehrs in Österreich wesentlich mit und können Beiträge zur umweltfreundlichen Mobilitätswende mit mehr Radverkehr leisten“, heißt es aus den Reihen der Radlobby. Voraussetzung sei jedoch die Bündelung von politischem Willen und Budgets über Ressortgrenzen hinweg.

Zur entsprechenden Willensbildung soll eine 12-Punkte-Strategie beitragen, die von den österreichischen Radverkehrs-Lobbyisten wie folgt formuliert wird:

{b}1. Verbindliche Klimaziele{/b}
Der Verkehr in Österreich verursacht pro Kopf 2,6 Tonnen CO2 pro Jahr, deutlich mehr als in den meisten anderen EU-Ländern. Österreich ist eines der Schlusslichter der EU bei der Umsetzung der Klimaziele. Höchste Zeit also, verbindliche Klimaziele im Verkehrsbereich zu setzen und die betreffenden Maßnahmen vorzuschreiben.

{b}2. Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Bewegung{/b}
Bewegungsmangel und Umweltschäden haben Gesundheitskosten in Milliardenhöhe zur Folge. Mehr Alltagsradfahrende wären Teil der Lösung dieser Probleme. Der bereits existente Aktionsplan muss so bald wie möglich in Angriff genommen werden.

{b}3. Gerechtigkeit bei Pendlerzahlungen und Kilometergeld {/b}
Kilometergeld für Dienstwege mit dem Fahrrad wird nur für Wege ausbezahlt, die länger als zwei Kilometer sind. Wer hingegen für eine kürzere Strecke ins Automobil steigt, wird bereits dafür entschädigt. Während das Kilometergeld bei der Verwendung eines Autos pro Jahr mit maximal 30.000 Kilometern limitiert ist, liegt die Obergrenze bei Fahrrädern bei nur 1.500 Kilometern pro Jahr, also fünf pro Tag. Diese Ungerechtigkeiten müssen endlich beseitigt werden.

{b}4. Steuerliche Anreize für den Radkauf {/b}
Nach dem Vorbild der Niederlande wäre eine lohnsteuerfreie Auszahlung von Radkaufunterstützungsbeiträgen durch Arbeitgeber sinnvoll. Holländer können so 700 Euro im Zweijahresrhythmus bekommen.

{b}5. Anreize für Radförderung im Betrieb{/b}
Eine angemessene Reduktion der Arbeitgeberbeiträge bei Krankenkassen im Ausgleich für radförderliche Maßnahmen im Betrieb könnte die Motivation für Radabstellanlagen, Mobilitätsprämien oder Umkleideräume sein. Das Gesundheitssystem würde von aktiven Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern jedenfalls profitieren.

{b}6. Praktische Radfahrausbildung an den Schulen{/b}
Verkehrsausbildung kann Spaß machen und Sicherheit vermitteln, wenn sie im Straßenraum statt in der Klasse stattfindet. Praxis und Bewegung sollten die Theorie der schulischen Verkehrserziehung ergänzen und daher im Lehrplan verankert sein.

{b}7. Temporäre autofreie Zonen vor Schulen{/b}
Zu Fuß gehen oder Rad fahren wäre für Schulkinder nicht nur gesünder, sondern sicherer. Das bekräftigt eine aktuelle Universitätsstudie im Auftrag des deutschen Autoclubs ADAC: Eltern bringen durch das „Elterntaxi“ Gefahr ins Schulumfeld. Am besten zu entschärfen durch temporäre autofreie Zonen rund um Schulen, wie es Leibnitz und Bozen vorzeigen.

{b}8. Flächendeckende Radmitnahme in ÖBB-Zügen{/b}
Ein Dauerthema, das nicht an Brisanz verliert: Radmitnahmegelegenheiten werden weniger, obwohl die Nachfrage steigt. Vor allem der Railjet darf nicht radfreie Zone bleiben.

{b}9. Abschaffung von diskriminierenden Sonder-Nachrangregeln {/b}
Bei Verlassen einer Radfahranlage haben Radfahrende derzeit generell Nachrang. Rechtsregel und Reißverschlussprinzip sollten aber für alle Fahrzeuge gelten, also auch fürs Fahrrad.

{b}10. Rechtsabbiegen bei Rot für Radfahrende{/b}
Belgien, Niederlande, Deutschland und Frankreich zeigen es vor: Abbiegeerlaubnis mittels Zusatztafel bei Rot macht Radverkehr flüssiger und ist kein Sicherheitsproblem.

{b}11. Regelung des Seitenabstandes beim Vorbeifahren{/b}
Derzeit mangelt es an einer konkreten Regelung des Seitenabstandes, wenn Kfz Radfahrende überholen. Hier kann Portugal als Vorbild dienen, wo 1,5 Meter Mindestabstand vorgeschrieben sind.

{b}12. Überarbeitung der Radverkehrsanlagenrichtlinien{/b}
Um die Sicherheit zu verbessern, sollten die Mindestbreiten von Radverkehrsanlagen erhöht, Einsatzkriterien für Mehrzweckstreifen überdacht und Sharrows eingeführt werden.

Als PDF-Dokument hat die Radlobby zudem eine detailliertere Ausarbeitung der einzelnen Punkte sowie einen interessanten Einblick in die österreichische Radverkehrspolitik veröffentlicht. Das Dokument gibt es hier als Download: https://www.radpublik.at/root/downloads/downloads/2014/2014-01_14.pdf

24. März 2014 von Markus Fritsch
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