Parlamentarischer Abend des ADFC
Radschnellwege kommen zu langsam voran
Über 120 Parlamentarier, Verbands- und Unternehmensvertreter waren der Einladung des ADFC am 30. Mai 2016 zum Parlamentarischen Abend in die Landesvertretung des Saarlandes nach Berlin gefolgt. Sie wurden dort auch über aktuelle Infrastrukturprojekte für den Radverkehr informiert So liegen im Ruhrgebiet und den Großräumen Hannover, Frankfurt, Nürnberg und München Pläne für Radschnellwege in Schubladen – und kommen kaum voran. Denn die Zuständigkeiten für diese neue Form von überregionaler Infrastruktur sind ungeklärt und die Kommunen mit der Finanzierung überfordert. Das gilt auch für das ambitionierteste Projekt, den Radschnellweg 1 (RS1), quer durch das Ruhrgebiet. Eine vom Bund finanzierte Machbarkeitsstudie habe gezeigt, dass etwa 52.000 Pkw-Fahrten mit über 400.000 gefahrenen Kilometern eingespart und auf das Rad verlagert werden könnten. Bei einem Investitionsvolumen von etwa 184 Mio. EUR könnte das Land des Unterstützung des Bundes gebrauchen.
Michael Groschek, Verkehrsminister von Nordrhein-Westfalen, hofft auf den Vorbildcharakter des Projekts in seinem Bundesland: „Der RS1 hat das Potenzial, eine weltweite Blaupause für innovativen Verkehr in Ballungsräumen zu werden.“ Wer Mobilität in die Metropolen bringen wolle, komme an Radschnellwegen nicht vorbei, so Groschek in der Diskussion auf dem Parlamentarischen Abend.
Vorbild Niederlande
Ein Vorreiter sind mal wieder die Niederlande, die seit 2006 bereits 80 Mio. EUR in den Bau von Radschnellwegen investiert, um Stau-Probleme zu lösen. Der deutsch-niederländische Architekt Stefan Bendiks sagte: „Wir wissen, dass ein Drittel des Staus auf Autobahnen aus lokalem Verkehr besteht. Diese lokalen Fahrten können auch Radschnellwege aufnehmen.“ 300 Kilometer Radschnellwege gibt es in den Niederlanden schon, 600 weitere Kilometer sind in Planung. In Deutschland sind es nur zwischen 10 und 40 Kilometer, je nach Auslegung des Begriffs. An den Niederlanden lasse sich auch gut der Effekt von Radschnellwegen beobachten. In den entsprechenden Regionen fahren 25 Prozent der Berufstätigen mit dem Rad zur Arbeit – in Deutschland sind es nur 11 Prozent.
ADFC-Verkehrsvorstand Ludger Koopmann nahm die Bundespolitik in die Pflicht: „Der Personenverkehr wächst bis 2030 zweistellig weiter – und jeder Bundesbürger steht schon jetzt 38 Stunden im Jahr im Stau. Wenn wir über die Mobilität der Zukunft reden, ist nicht mehr Auto die Lösung, sondern weniger! Radschnellwege sind das Lösungskonzept gegen verstopfte Autobahnen. Und dafür liegt die Verantwortung beim Bund!“ Prof. Dr. Stefan Klinski, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, verstärkte die ADFC-Forderungen durch Ergebnisse aus einem aktuellen Rechtsgutachten. Der Bund könne durchaus Bauprojekte von besonderer Bedeutung mitfinanzieren – und das solle er bei den Radschnellwegen auch tun, so Klinski. Norbert Barthle, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, wies zwar erneut darauf hin, dass Radschnellwege nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundes fielen. Aber: Wenn Radschnellwege im Umfeld von Bundesfernstraßen verliefen, könne der Bund prüfen, ob er sich an Teilstücken zu beteiligt, so Barthle. Diese Botschaft wurde von vielen Anwesenden als Fortschritt wahrgenommen.
Radschnellweg statt innerstädtischer Autobahn-Ausbau?
ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork sind insbesondere innerstädtische Autobahnen ein Dorn im Auge: „Fünf Prozent aller Autobahnkilometer verlaufen mitten durch Städte - ein monströses und überkommenes Konzept“, sagte er auf dem Parlamentarischen Abend. „Wir wollen, dass der Bund bei allen innerstädtischen Autobahn-Ausbauprojekten – wie A52, A57, A115 – wohlwollend prüft, ob ein Radschnellweg die Kurzdistanzen aufnehmen kann und deshalb die bessere Alternative ist. Und wir brauchen ein eigenes Förderprogramm für Radschnellwege - das geht verfassungsrechtlich, wenn man es will. Der ADFC steht bereit, das Bundesverkehrsministerium beim Entwurf eines ‚Aktionsplans Radschnellwege‘ zu beraten.“
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