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(Foto: Sram)
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Wohin steuert Sram?

Sram-CEO Day im Interview: Zweite Laufrad-Linie kommt

Stan Day, CEO von Komponentenhersteller Sram, lässt im Interview mit velobiz.de die eine oder andere Katze aus dem Sack. Etwa welche Pläne sein Unternehmen im Laufrad-Markt hat, nachdem kürzlich hier der High-End-Anbieter Zipp übernommen wurde. Zipp soll nämlich weiterhin am „absolut oberen Ende des Marktes“ platziert bleiben, während für ein breiter und günstiger angelegtes Laufrad-Programm eine andere Marke verwendet werde. Zudem verrät Day, was auf seinem Wunschzettel für künftige Akquisen steht und mit welchen Strategien der Komponentenhersteller künftig weiter wachsen will.

(Foto: Sram)Produktentwicklung bei SramGetriebenaben-Produktion in Schweinfurt

Gerade kürzlich erst hat Sram zum 20sten Firmenjubiläum ein Bild veröffentlicht, auf dem die Gründungsmannschaft von Sram bei ihrem ersten Messeauftritt 1988 auf der Interbike zu sehen ist. In der Mitte des Bilds steht ein junger Stan Day, dessen ausgeschriebener Vorname Stanley Ray einen Teil des Firmennamens Sram bildet. Was damals mit Drehschaltgriffen für Triathleten begann, ist unter Days Leitung als President und CEO inzwischen zu einem Unternehmen mit rund 2000 Mitarbeitern und einem geschätzten Umsatz von über 200 Mio. USD geworden. Tendenz weiter steigend, denn mit der Übernahme von Zipp hat Sram kürzlich erst den lange geplanten Schritt in den lukrativen Laufrad-Markt in die Tat umgesetzt. In der Branche wird nun spekuliert, welches noch unbesetzte Segment nun als nächstes auf der Liste von Sram steht.

{b}velobiz.de: Stan, es ist bald Weihnachten. Verraten Sie uns, welche Marken oder Produktsegmente für Sram noch auf Ihrem Wunschzettel stehen?{/b}

Stan Day: (lacht) Im Moment sind wir ziemlich damit beschäftigt, Zipp ins Unternehmen zu integrieren. Daneben gibt es gegenwärtig nichts, was noch auf unserem Wunschzettel stünde.

{b}velobiz.de: Also keine offenen Wünsche mehr für dieses Jahr. Wie sieht es dann für Weihnachten 2008 aus?{/b}

Stan Day: Da ist im Moment nichts, hinter dem wir wirklich her wären. Wir besitzen inzwischen eine ziemlich vollständige Palette verschiedener Technologien. Für uns ist es jetzt wichtiger, unser Business in den bereits bestehenden Segmenten weiter auszubauen.

Sram-Laufräder in der Pipeline

{b}velobiz.de: Mit der Übernahme von Zipp ist vor wenigen Tagen eine Marke zu Sram dazu gestoßen, die sich mit hochpreisigen Carbon-Laufrädern für Rennräder in einem sehr schmalen Produktsegment bewegt. Gibt es Pläne, das Zipp-Programm in andere Preissegmente und Anwendungsbereiche auszuweiten?{/b}

Stan Day: Die Marke Zipp wird weiter am absolut oberen Ende des Marktes positioniert bleiben. Jedes neue Zipp-Produkt wird auch künftig mit dem Anspruch konstruiert, das leichteste und schnellste Laufrad auf dem Markt zu sein. Weil wir jedoch nun Experten im Unternehmen haben, die einiges vom Laufrad-Bau verstehen, sind wir daran interessiert, auch andere Laufräder anzubieten. Diese Laufräder werden nicht den Markennamen Zipp tragen und werden auch nicht deren absoluten Spitzenanspruch verfolgen, sondern eher im mittleren bis gehobenen Preissegment positioniert sein. Wir wollen hier in einer absehbaren Zeit den breiteren Markt ansprechen und dafür die Marke Sram verwenden.

{b}velobiz.de: Ist das ein Plan, der erst durch die Übernahme von Zipp möglich wurde?{/b}

Stan Day: Wir hatten das Laufrad-Segment schon länger im Blick und Wege gesucht, uns in diesem Markt zu positionieren. Dass sich die Möglichkeit bot, Zipp zu übernehmen, war für uns ein Glücksfall. Aber wir hätten unseren Weg in den Laufrad-Markt wahrscheinlich auch ohne Zipp innerhalb der nächsten 12 bis 18 Monate gefunden.

{b}velobiz.de: Was ist der Vorteil, einen existierenden Anbieter zu übernehmen? Für ein Unternehmen in der Größe von Sram müsste es doch eigentlich möglich sein, beispielsweise Bremsen oder Laufräder auch selbst zu entwickeln. {/b}

Stan Day: Bei einer oberflächlichen Herangehensweise mag das zutreffen. Aber es ist sehr schwer, das Wissen eines Unternehmens zu ersetzen, das seit 20 Jahren Laufräder oder Bremsen entwickelt und herstellt. Es wäre für uns ein leichtes, nach Taiwan zu gehen und dort Laufräder mit unserem Aufkleber drauf einzukaufen. Das würde aber nicht besonders viel zum Wert unserer Marke beitragen. Was wir stattdessen wollen, ist die Technik eines Produkts von Grund auf so zu verstehen, dass wir in der Lage sind, innovative neue Produkte zu entwickeln.

{b}velobiz.de: Sind die Patente, die ein Unternehmen besitzt, bei dessen Übernahme auch ein wichtiger Faktor? {/b}

Stan Day: Patente können sehr wertvoll sein und Zipp besitzt ein paar sehr gute Patente.

{b}velobiz.de: Sram hat jetzt verschiedene Marken für Schaltungskomponenten, für Bremsen, für Tretlager und Kurbeln, für Laufräder und für Federungskomponenten. Wünschen Sie sich manchmal, dass alle Produktsegmente unter einem Markendach laufen würden? Was ist der Vorteil, wenn es für jedes Segment eine eigene Marke gibt? {/b}

Stan Day: Also die Personen, die bei uns für das Marketing verantwortlich sind, wünschen sich durchaus schon mal, dass sie sich nur um eine Marke kümmern müssten. Aber der Rest von uns, und ich denke auch unsere Kunden, schätzt es sehr, dass es mehrere Marken bei Sram gibt. Das spielt vor allem im Mountainbike-Markt eine Rolle, wo auch die Bandbreite der von uns angebotenen Marken am größten ist. Wir verfolgen hier eine vertikale Marken-Strategie, also eine sehr zielgruppen-orientierte Ansprache der einzelnen Segmente. Händler und Verbraucher in diesem Segment begrüßen diese Differenzierung am Bike. Das hat auch etwas mit der Tradition und Entstehung des Mountainbike-Markts zu tun. In anderen Bereichen, beispielsweise bei Rennrädern oder bei Alltagsrädern, denken die Kunden anders. Hier orientiert man sich eher an einer einzelnen Marke.

{b}velobiz.de: Mit den verschiedenen Übernahmen in den letzten Jahren muss der Umsatz von Sram deutlich gewachsen sein. Wie stark war dazu im Vergleich das organische Wachstum Ihres Unternehmens? Was waren hier die maßgeblichen Wachstumsfaktoren? {/b}

Stan Day: Das organische Wachstum war in den letzten Jahren sehr gut und ist vor allem von der Entwicklung neuer Produkte angetrieben worden. Produktentwicklung ist das, was uns als Unternehmen voran treibt, was ein Grinsen auf unseren Gesichtern auslöst. Das war bisher so und wird auch künftig so sein. Ein innovatives neues Produkt zur Marktreife zu entwickeln und dann auszuliefern, ist eine großartige Sache. Und wir sind darin in den letzten Jahren deutlich besser geworden.

{b}velobiz.de: Wo sehen Sie künftig das größere Wachstumspotenzial für Sram: indem Sie Marktanteile gewinnen oder indem der Markt insgesamt wächst? {/b}

Stan Day: Was wir natürlich lieber täten, ist den Markt insgesamt wachsen zu lassen. Wenn der Kuchen größer wird, profitieren davon alle Marktteilnehmer. Wir engagieren uns deshalb auch in Branchen-Initiativen, die das Ziel haben, die Rahmenbedingungen für unser Produkt zu verbessern. Wenn es uns beispielsweise in den USA gelänge, den Anteil des Radverkehrs bei allen Strecken unter drei Kilometern auf nur fünf Prozent zu heben, dann würde sich das Marktvolumen hier verdreifachen. Das wäre natürlich eine klasse Sache. Darüber hinaus versuchen wir aber natürlich auch, uns ein größeres Stück vom Kuchen zu sichern, indem wir Produkte entwickeln, die den Markt ansprechen.

Reicher an Erfahrung

{b}velobiz.de: Bis vor ein paar Jahren war Sram in der Branche dafür bekannt, zwar regelmäßig innovative Produktneuheiten vorzustellen, diese oft aber nur sehr spät und manchmal auch gar nicht auf den Markt zu bringen. Das hat sich geändert: Wenn man heute mit Fahrradherstellern spricht, wird Sram als sehr zuverlässiger Partner gelobt. Was hat zu diesem Wandel geführt? {/b}

Stan Day: Was uns dahin gebracht hat, ist schlicht Erfahrung. Wenn man etwas Schwieriges macht, und ein innovatives, technisches Produkt zu entwickeln ist sehr schwierig, dann muss man sich dafür erst einen gewissen Erfahrungsschatz aufbauen. Das hat auch bei uns einige Jahre gedauert. Aber mit der Zeit sind wir immer besser geworden, haben immer mehr gelernt und heute sind wir sehr gut darin. Wir haben inzwischen eine große Zahl von Entwicklungs-Ingenieuren in Deutschland und den USA, also dort wo die Produkte auch verwendet werden. Dazukommt, dass wir an mehreren Standorten in der Welt leistungsfähige Produktionsstätten für die verschiedenen Produkte aufgebaut haben. Ein neues Produkt in den Markt zu bringen, ist eine sehr komplexe Angelegenheit. Aber wir sind darin viel, viel besser geworden.

{b}velobiz.de: Inzwischen ist es Ihr Mitbewerber Shimano, der ziemliche Probleme hat, seine Produkte zeitnah in den Markt zu bringen. Fahrradhersteller, mit denen ich über diese Situation gesprochen habe, fragen sich, warum Sram diese Chance nicht besser nutzt. Darf ich die Frage an Sie weiter reichen? {/b}

Stan Day: Nun, ich stimme mit dieser Einschätzung nicht überein. Jeder Kunde, der bei anderen Anbietern nicht das bekommt, was er will, kennt unsere Telefonnummer. Ich glaube aber nicht, dass es für uns der richtige Weg wäre, in der Fahrradindustrie anzuklopfen und zu sagen: „Hey, wir haben gehört, dass Sie Probleme mit Shimano haben. Also bitte kaufen Sie Sram.“ Unsere Leute sind da draußen, um unsere Produkte zu verkaufen. Es liegt am Kunden, ob er mit uns zusammenarbeiten will. Wir freuen uns über jeden Auftrag. Und wir sind auch in der Lage zu liefern. Unsere Produktion ist sehr flexibel ausgelegt, so dass wir der Branche kürzere Lieferzeiten gewähren können. Aber wir werden unseren Erfolg nicht von den Problemen unserer Mitbewerber abhängig machen.

{b}velobiz.de: Stan, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Gespräch genommen haben. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg. {/b}

22. November 2007 von Markus Fritsch

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