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Was Frauen beim Shoppen wichtig ist
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Schulung - Zielgruppe Frauen

Was Frauen beim Shoppen wichtig ist

Obwohl sich die Geschlechterrollen seit den 70er-Jahren stark verändert haben, fällt die Antwort auf die Frage »Kaufen Männer anders als Frauen ein?« positiv aus. Allerdings nicht im Sinne alter Klischees, die den einzigen Unterschied darin sehen, dass Frauen technikabweisend, Männer dagegen technikversessen sind. Die meisten Frauen lehnen dieses Vorurteil als diskriminierend ab. Wie unterscheiden sich Frauen dann beim Einkauf von Männern?

Die Fahrradbranche ist eine Männerdomäne. Händler wie auch Hersteller und Produktentwickler sind häufig männlich, sodass auch die meisten Produkte aus männlicher Sicht konzipiert werden. Dem schließt sich dann oft auch ein einseitiges Marketing an. So empfinden Frauen die Kundenansprache ihnen gegenüber nicht selten als unbeholfen.

Frauen – eine wichtige Zielgruppe

Schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen lohnt es sich, über die Zielgruppe »Frauen« nachzudenken. Mit ihrer zunehmenden Erwerbstätigkeit steigt auch ihre Kaufkraft. Lebt die Frau mit Kind und einem anderen Elternteil in einem Haushalt, entscheidet sie über etwa 80 Prozent der Konsumausgaben. Aber »sie« trifft ihre Entscheidungen anders als »er«. Eine Studie aus den USA verwies schon vor Jahren darauf, dass 65 Prozent der Männer ein Produkt nach der Anprobe auch kaufen, während dies nur für 25 Prozent der Frauen gilt. Dafür gibt es viele Gründe.

Men are buyers, Women shoppers

Der wichtigste ist wohl, dass mit dem Einkaufen unterschiedliche Interessen verbunden sind. Nur wenige Männer bezeichnen Einkaufen als Hobby, Frauen schon. Männer informieren sich vorab, stellen einen Kriterienkatalog auf, den das Produkt erfüllen muss, und sorgen dann zielorientiert für eine möglichst schnelle Bedürfnisbefriedigung. Den Zuschlag erhält das Produkt, das die meisten Kriterien erfüllt.
Frauen stöbern eher, probieren mal dieses, mal jenes – vorausgesetzt die Atmosphäre im Geschäft stimmt. Beim Shoppen, für das sich frau gerne mit der besten Freundin verabredet, zählt der Spaßfaktor. Und: Entscheidend sind nicht die Produkteigenschaften, sondern der Produktnutzen und der Kontext, in dem es sich bewähren soll. Ein Korb fürs Citybike soll nicht nur einen größeren Lebensmitteleinkauf aufnehmen können, er soll auch als Einkaufskorb im Supermarkt fungieren und hübsch aussehen. Doch damit nicht genug: Fällt einer Frau beim Shoppen ein, dass die Optik dem Aspekt Faltbarkeit des Korbes geopfert werden kann, werden die Prioritäten einfach getauscht. Der Suchprozess erfährt eine Schleife oder beginnt im Extremfall von Neuem. Ein Produkt wird nur dann gekauft, wenn es auch das individuelle Problem löst.
Ein Händler, der jetzt denkt »Oh, wie kapriziös!«, hat schon verloren. Clever ist der, der beim nächsten Verkaufsgespräch mit einer Frau sein Augenmerk noch mehr auf die Bedarfsanalyse und das Herausstellen des Produktnutzens legt. Erst zuhören und dann den Nutzen darstellen, heißt also die Maxime.

Das Produkt muss allen Sinnen standhalten

Viele Händler gehen davon aus, dass ein Produkt schon allein durch seine Optik bei Frauen gut ankommt. Doch Frauen kaufen nicht nur über das Sehen ein, sie nutzen meist alle Sinne. So können Lenkergriffe, die zwar farblich gut zum Bike passen und ergonomisch sind, trotzdem liegen bleiben, wenn die Haptik nicht stimmt oder das Material zu sehr nach Gummi riecht. Frauen nehmen Produkte in die Hand, bevor sie sie kaufen. Ob unbewusst oder bewusst, spielt keine Rolle. Als Händler muss man wissen, dass sie es tun. Die Strategie, der Kundin beim nächsten Mal das Produkt haptisch einfach vorzuenthalten, ist nicht die Lösung. Ihr das Produkt aktiv in die Hand zu geben und die gute Haptik hervorzuheben, ist Erfolg versprechender.

Was stationär gilt, gilt auch online

Betreibt ein Händler neben dem stationären Handel auch einen Online-Shop, sollte er bei seiner Konzeption die Gepflogenheiten der Frauen im Internet beachten. Frauen wünschen sich im Netz Sicherheit bezüglich ihrer Daten und beim Bezahlen. Wichtig ist auch, dass die Registrierung und der Versand schnell und einfach erfolgen, verbunden mit einem kostenlosen Rückversand. Der Warenkorb hat für Frauen beim Online-Shoppen eine wichtige zusätzliche Funktion. Im Unterschied zu Männern sammeln Frauen dort alles Mögliche, die Kaufentscheidung fällt dann später. Deshalb sollte der Online-Warenkorb so konzipiert sein, dass die dort angehäuften Produkte auch für längere Zeit gespeichert werden können.
Auch bei der Informationsbeschaffung gehen Frauen anders vor. Sie lesen häufig nur die Beschreibungen von den Produkten, die in die engere Wahl gekommen sind, während Männer sich zuerst informieren und dann zur Produktwahl übergehen. Es kann sich also für einen Händler lohnen, den Online-Shop von einer Agentur mit Frauen, die auf »Gender Commerce« spezialisiert sind, einrichten zu lassen.

Für die Vielfalt der Kundinnen und Kunden offen sein

Die genannten Tipps und Hinweise möchten – wie eingangs schon gesagt – keine Stereotypen bezüglich Männer und Frauen bedienen. Die Geschlechterrollen und Lebensentwürfe sind heute so vielfältig, dass jeder Händler im Fahrradfachhandel damit rechnen muss, dass seine Vorstellungen von »seinen« Kundinnen danebenliegen. Offenheit, Neugierde und die Akzeptanz der Vielfalt sind gefragt, denn es gilt immer individuell herauszufinden, wie die Frau wirklich tickt, die gerade über die Ladenschwelle tritt.

Best-Practice: »Heels on Wheels«

{b}Der Zweiradmechaniker Lazlo Kruchio (42) hat vor vier Jahren in Graz den Fahrradladen »Heels on Wheels« für Frauen eröffnet. Eine mutige Entscheidung, meinten damals nicht nur seine Mitbewerber. Wie sah das ursprüngliche Konzept aus und ist es aufgegangen?{/b}

Interview: Dorothea Weniger

{b}Wie kommt man auf die Idee, einen Fahrradladen für Frauen zu eröffnen?{/b}
Ein Freund von mir, Marketing-Experte, hatte die Idee. Nur wenige Wochen vor der Eröffnung meines Ladens fragte er mich, warum ich eigentlich keinen Fahrradladen für Frauen eröffne. Vor allem ein Argument gab mir zu denken: Graz hat 30 Fahrradläden und ich war dabei, den 31. zu eröffnen. Mit dem Konzept des Frauenfahrradladens hätte ich ein Alleinstellungsmerkmal, das wirklich einmalig ist. Der Gedanke kostete mich ein paar Nächte. Dabei fiel mir ein, dass ich auch in meiner Zeit als Fahrradmechaniker beim österreichischen Damen-Nationalteam immer wieder feststellte, dass Frauen einen anderen Zugang zum Rad haben. Da gab es Profi-Radlerinnen, die kauften sich ein sündhaft teures Rennrad für 4.000 Euro und peppten es dann mit einem schönen Schnickschnack auf.

{b}Vier Jahre gibt es nun Ihren Fahrradladen »Heels on Wheels«. Mussten Sie in den letzten Jahren etwas an Ihrem Konzept verändern?{/b}
Nein, das ist perfekt aufgegangen. Ich habe fünf Angestellte, davon zwei Frauen. Oft fragen mich zwar Kundinnen, ob ich an Filialen in anderen Städten denke, aber das lasse ich erst mal. Ich bin gerade richtig zufrieden mit dem, was ich hier habe.

{b}Was ist an Ihrem Laden anders als in anderen Fahrradläden?{/b}
Die Spezialisierung auf die Zielgruppe Frauen bringt es mit sich, dass ich ein gestrafftes Sortiment anbieten kann, was sich nebenbei auch sehr positiv auf die Lagerhaltung auswirkt. Ich führe z. B. nur Fahrräder mit tiefem Einstieg, Helme in den kleinen Damengrößen und Damensättel. So muss ich nicht jeden Artikel in verschiedenen Ausführungen lagern. Ich biete aber keine Rennräder oder Mountainbikes an, sondern vor allem schicke und ausgefallene Citybikes. Das Konzept, das dahintersteckt, lautet: Ich verkaufe alle Produkte fürs und rund ums Fahrrad, die Frauen im städtischen Bereich gefallen und ihr Leben leichter und angenehmer machen. Deshalb habe ich auch ein breites Sortiment an bunten Reifen, bequemen Sätteln und Körben in allen erdenklichen Ausführungen im Angebot sowie eine riesengroße Auswahl an Klingeln und Sattelschonern. Die Zeiten, wo die Wand mit dem Fahrradzubehör aus ein paar schwarzen Reifen, schwarzen Glocken, schwarzen Schutzblechen und schwarzen Griffen bestand, sind zum Glück vorbei. Mein Markenzeichen ist bunt! Dann natürlich auch alle Produkte für Kinder und für den Familientransport.

{b}Gibt es vom Sortiment abgesehen noch weitere Unterschiede?{/b}
Manchmal habe ich das Gefühl, ich arbeite in einem Geschenkladen. Freundinnen treffen sich bei mir. Oft kommen auch Kundinnen, die von anderen Händlern bei der Frage nach Accessoires zu mir geschickt worden sind.

{b}Und wie schaffen Sie es, dass sich die Frauen bei Ihnen wohlfühlen?{/b}
Das hat viel mit dem Ladenbau zu tun. Zum Glück bin ich kein Fan von Stahlwänden, stickigen und dreckigen Buden. Von daher konnte trotz kurzfristiger Konzeptänderung der Ladenbauplan unverändert bleiben: In meinem Geschäft gibt es viel geöltes Holz, eine Sitzecke, in der es auch Kaffee gibt, und Zeitschriften, wenn die Frau mal auf eine Reparatur warten möchte. Wichtig ist auch, dass der Raum freundlich und hell und bunt ist.

{b}Und was ist Frauen im Verkaufsgespräch wichtig?{/b}
Sicherheit und Optik stehen ganz hoch im Kurs, aber auch die Funktionalität der Produkte. Technische Hintergrundinformationen sind dagegen eher nebensächlich. Aber eines wäre der falsche Zugang: Wer glaubt, Kaufentscheidungen von Frauen ließen sich auf die Produktfarbe reduzieren, liegt schwer daneben.

{b}Finden auch Männer den Weg zu Ihnen?{/b}
Inzwischen ja. Die Fahrradreparatur ist ja dieselbe und die Atmosphäre gefällt ihnen auch. Nur manche trauen sich nicht, ohne zu fragen, rein. Bei mir wird aber natürlich niemand ausgeschlossen.

{b}Und welche Marketing-Strategie verfolgen Sie?{/b}
Bisher brauchte ich gar keine, ich habe nicht mal eine Homepage. Da meine Spezialisierung so ausgefallen ist, stürzten sich gerade in den ersten Jahren die Medien auf mich. Und jetzt rufen sie sogar aus Deutschland an.

Herr Kruchio, vielen Dank für das Gespräch.

12. Februar 2017 von Dorothea Weniger
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