
Fachhandel vs. Businessbike-Provisionen
„Wir können diese Vereinbarung so nicht unterschreiben“
Bisher haben sich vor allem der VSF und kleinere Händler klar geäußert zu den geplanten Provisionsregelungen, die Businessbike jüngst in einer Rundmail verschickt hat. Schnell wurde aber klar, dass auch die größten Händler der Republik diesen Plänen ablehnend gegenüberstehen. Deswegen wollten wir es ganz genau wissen. Wir fragten bei einigen von ihnen nach, wie sie weiter vorgehen wollen und welche Konsequenzen diese jüngste Ankündigung für sie und den Markt hat. Das Magengrimmen der Branche ist dabei auch in den diplomatischsten Äußerungen der Handelsprofis deutlich zu hören.
Peter Feld, Geschäftsführer bei Fahrrad-XXL Feld in St. Ingbert macht klar, dass die Verteilung der Kosten mit den neuen Konditionen bei Businessbike vom Handel nicht zu tragen sein wird und zu unbeabsichtigten Folgen führen dürfte. „Wir sehen die hohen Provisionsforderungen der Leasing-Firmen mit Sorge. Es wird für uns Händler nur einen Weg geben, wir müssen die Kosten an den Kunden weitergeben. Damit wird auf längere Sicht die Zahlart Leasing an Bedeutung verlieren.“
Deutlich positioniert sich B.O.C. zu den vorgelegten Vertragsbedingungen. Geschäftsführer Bernd Heumann macht klar, dass die Provisionen den Handel über die Grenze des Verkraftbaren belasten. “Die Einführung dieser hohen Provision geht ausschließlich zu Lasten der einzelnen Fahrradhändler. Dies in einer Situation, in der ein starker Nachfragerückgang, ein Preisverfall und dadurch ein erheblicher Margendruck herrscht. Der Versuch, das so umzusetzen, ist letztlich ein einseitiges Abwälzen der Marktentwicklung auf die Fahrradhändler. Vor diesem Hintergrund können wir diese Vereinbarung so nicht unterschreiben.“
Auseinandersetzen muss man sich mit den aktuellen Forderungen aber sofort. Jochen Raabe, Inhaber von Multicycle, findet die aktuelle Entwicklung ebenfalls wenig erfreulich. Er weist zudem darauf hin, dass eine Reaktion notwendig ist: „Der Vertrag bekommt Gültigkeit, wenn man nicht widerspricht. Wir müssen also reagieren.“ Seine Reaktion ist eindeutig: „Wir können das so nicht akzeptieren. Wir haben eine ohnehin schwierige Phase im Markt. Diese neuen Bedingungen nehmen zu viel von der übrigen Marge weg.“ Entsprechend sieht er Handlungs- und Gesprächsbedarf: „Wir müssen gemeinsam an einer Lösung arbeiten.“
„Gemeinsam“ heißt, wie bei den meisten der Handelsriesen, zunächst einmal das Gespräch mit Businessbike zu suchen. Auch für Dr. Robert Peschke, CEO bei Little John Bikes, kam die Businessbike-Vertragsänderung unerwartet und zu einem ungünstigen Marktzeitpunkt: „Bis dato habe ich die PON Gruppe als sehr partnerschaftlich und freundschaftlich erlebt, insofern hat mich das jetzige Vorgehen überrascht. Wir sind zu den neuen Ideen bereits in Gesprächen und ich bin sicher, dass wir einen gemeinsamen Weg finden werden, diese Situation zu lösen. Das Leasing ist essenziell, um den Markt zu entwickeln, daher braucht es Vereinbarungen, die allen helfen.“
Thorsten Kamin, verantwortlich bei Lucky Bike für Marketing und Kommunikation, erklärt ebenfalls, dass man wenig begeistert ist von dieser neuen Vertragsgrundlage. „Wir haben die Informationen bisher lediglich über den allgemeinen Newsletter erhalten. Es gab noch keine Gespräche.“ Bevor diese Gespräche stattgefunden haben, will man keine endgültige Bewertung abgeben, aber die grundsätzliche Haltung ist klar: „In der derzeitigen Marktlage halten wir das für das falsche Signal an die Fachhändlerschaft. Tatsächlich befinden wir uns gerade in der abschließenden internen Bewertung und sehen der Abstimmung mit Businessbike entgegen.“ Wenn diese Gespräche stattgefunden haben, werde es eine Entscheidung geben.
Einschätzung:
Insgesamt steht der Fachhandel vor einer spannenden, vielleicht entscheidenden Situation. Auch als Jobrad Provisionen erhöhte, gab es große Aufruhr und Widerstand. Doch am Ende haben praktisch alle unterschrieben. Allerdings wurde auch eine Vereinbarung zu Werkstattvergütungen ausgehandelt. Diesmal ist die Ausgangslage eine andere. Kleinere Händler haben bereits dem Unternehmen mitgeteilt, dass sie nicht gedenken, diese Konditionen zu akzeptieren und nun haben sogar die größten Händler des Landes klar Stellung bezogen.
Businessbike hat einen Leasing-Marktanteil in Deutschland von etwa 10 Prozent. Auf diese Umsätze will niemand gerne verzichten. Das jetzige Gerangel um Konditionen ist auch ein Machtkampf, der nicht zu unterschätzen ist und weitreichende Folgen haben dürfte. Wenn der Handel einknickt vor dem Leasing-Segment: Ist dann geklärt, wer die Hosen im heutigen Markt anhat? Wenn sich der Handel durchsetzt: Läutet das das Ende der Händlerprovisionen ein? Der Ausgang der Verhandlungen hat letztlich Einfluss auf den gesamten Fahrradmarkt. Wie es in dieser Geschichte weitergeht, werden daher alle mit größter Aufmerksamkeit verfolgen.
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