Markt - Australien
»Wir warten auf Bosch«
Man kann Phil Latz wohl durchaus eine Spürnase für Trends nachsagen. 1989, also rechtzeitig zum Start des Mountainbike-Booms, gründete der sympathische Australier das Fachmagazin Bicycling Australia. Ebenfalls seiner Zeit voraus war Latz mit der Website bicyclingaustralia.com, die bereits 1995 online ging. Seitdem wurden unter Latz‘ Regie verschiedene Fachmessen für den australischen Markt lanciert, ein Buchverlag gegründet, ein Versandhandel für Radsport-Fanartikel gestartet und diverse Ausdauer-Events für die australische Radsport-Szene veranstaltet.
Wer Latz kennt, kann also aus seiner Entscheidung, nun auch ein australisches E-Bike-Magazin zu starten, das im September erstmals an die Kioske ging, durchaus eine Signalwirkung ablesen. »Das E-Bike-Segment in Australien ist derzeit noch ein kleiner Markt. Als wir Anfang des Jahres unseren Buyers Guide erstellt haben, waren darin jedoch schon über 30 E-Bike-Anbieter enthalten, die bereits in Australien verfügbar waren oder gerade dabei, auf den Markt zu kommen. Neben den ausländischen Marken gibt es inzwischen auch einige australische Anbieter, die zum ersten Mal E-Bikes in ihren Modellpaletten einführen. Ich denke, jetzt ist der perfekte Zeitpunkt, um das erste E-Bike-Magazin für den australischen Markt vorzustellen«, erklärt Latz im Gespräch mit velobiz.de.
Dabei sind E-Bikes auch in Australien kein völlig neues Phänomen: In den vergangenen zehn Jahren haben einige Unternehmen bereits billige E-Bikes aus China importiert. Die hochwertigen Marken aus Europa waren hingegen bis vor kurzem noch vom Markt ausgeschlossen. »Der E-Bike-Markt in Australien ist zweigeteilt. Es gibt einerseits die billigen, aus China importierten E-Bikes. Und es gibt die Modelle der europäischen Anbieter. Für deren Markteintritt war eine Gesetzänderung in Australien von großer Bedeutung. Bis vor kurzem war die Leistung für ein E-Bike auf 200 Watt begrenzt. Inzwischen hat die australische Regierung aber die europäische Norm übernommen, sodass die Modelle aus Europa nun ohne Einschränkungen auf den Markt können. Das hat wirklich für das E-Bike die Tore zum australischen Markt geöffnet. Wir hätten ohne diese Voraussetzung auch kein E-Bike-Magazin gestartet. Neben den billigen, chinesischen Modellen, die schon seit rund zehn Jahren in Australien angeboten werden, sind nun auch die High-End-Modelle der europäischen Anbieter verfügbar.«
Doch die jahrelange Dominanz der chinesischen Billigware wirkt im Markt immer noch nach: E-Bikes erzeugen bei vielen Händlern immer noch ein gewisses Misstrauen. Doch das ist nicht der einzige Grund, warum viele Marktteilnehmer noch zögern, in den E-Bike-Trend einzusteigen, wie Latz erklärt: »Das Misstrauen der Händler ist auch durch schlechte Erfahrungen mit Produkten, für die kein Service angeboten wurde, entstanden. Insofern ist es auch gegenwärtig noch ein großes Thema bei uns, dass Bosch noch kein Service-Center in Australien eröffnet hat. Und bis jetzt gibt es von Bosch auch noch keine konkrete Aussage, wann dies der Fall sein wird. Viele australische Händler warten aufgrund ihrer schlechten Erfahrungen noch auf diesen wichtigen Schritt, bevor sie sich stärker in diesem Markt engagieren.«
Ein Weckruf für den Bike-Handel könnten aber auch die vielen attraktiven neuen E-MTB-Modelle sein, die auch auf den australischen Markt neu zurollen. »Sport hat in Australien einen hohen Stellenwert. Insofern ist auch der Fahrradmarkt bislang eher sportlich geprägt,« erklärt Latz. Doch auch dem europäischen City- und Trekking-Stil prophezeit der Australier einige Marktchancen: »Gegenwärtig werden in Australien vielerorts neue Fahrradwege angelegt. Dadurch gewinnen auch Fahrräder für den urbanen Einsatz an Bedeutung. Diese Entwicklung lässt sich auch im E-Bike-Markt beobachten.«
Dass seine Idee, ein E-Bike-Magazin zu starten, sich als Schnappsidee erweisen könnte, darüber hat Phil Latz jedenfalls kaum Sorge. Der E-Bike-Markt Down Under ist zwar noch ein junges Pflänzchen, das aber gegenwärtig schon kräftig gedeiht: »KTM hat beispielsweise gerade erst in Australien mit High-End-Bikes angefangen. Gegenwärtig kann KTM kaum mit der Nachfrage Schritt halten, was aber auch damit zusammenhängen mag, dass bisher nur überschaubare Stückzahlen nach Australien exportiert wurden. Wir befinden uns mit dem E-Bike-Markt in Australien in einer frühen Phase, aber die Aussichten sind sehr vielversprechend.«
für unsere Abonnenten sichtbar.