3 Minuten Lesedauer

Kehrseite der Medaille

Zweirad-Handwerk lehnt starre EU-Vorgaben zu Zahlungszielen ab

Die EU-Pläne, mit der Verordnung zur Bekämpfung von Zahlungsverzug Zahlungsfristen von mehr als 30 Tagen zu verbieten, verfolgt das Zweirad-Handwerk mit großer Sorge. Der Bundesinnungsverband hat sich deshalb jetzt an die EU-Kommission gewandt.

Die Prämisse der EU bezüglich des Verordnungsvorschlags sieht so aus: Wenn Großkunden Händler zwingen, lange Zahlungsfristen zu akzeptieren, hat das zur Folge, dass sie ihr Geld erst verspätet bekommen. Hier will die EU ansetzen und eine Maximaldauer von 30 Tagen einführen.

Aber zu dieser Sichtweise gibt es auch eine Kehrseite der Medaille. Darauf weist der Bundesinnungsverband des Zweiradhandwerks jetzt hin. „Im Gesetzgebungsverfahren wurde völlig außer Acht gelassen, dass lange Zahlungsfristen für den Handel vorteilhaft sein können. Nämlich dann, wenn kleine und mittlere Händler sie mit ihren Lieferanten vereinbaren. In diesem Fall haben sie für die Begleichung der Rechnung mehr Zeit – und sind weniger auf Kredite angewiesen.“

Der Forderung an die EU-Kommission und die Position des Zweirad-Handwerks, formuliert Bundesinnungsmeister Franz-Josef Feldkämper so: „Wir verlangen, dass es weiterhin möglich sein muss, mit Lieferanten längere Zahlungsfristen als 30 Tage zu vereinbaren“. Darüber hinaus lehnt die Branchenorganisation die im Verordnungsentwurf geplante Behörde ab, die die Einhaltung von Zahlungsfristen kontrollieren soll. „Wir brauchen keine neue Behörde und erst recht keine Überwachung unbescholtener Händler“, so Feldkämper weiter.
Auch der Handelsverband Deutschland hatte jüngst die EU-Pläne zu starren Zahlungszielen kritisiert velobiz.de berichtete .

Stellungnahme in Richtung EU-Kommission

In einer offiziellen Stellungnahme schreibt der Bundesinnungsverband Zweirad-Handwerk an die EU-Kommission u.a. folgendes:

„Diese Prämisse in der Begründung zum Verordnungsvorschlag ist unvollständig und führt zur fehlerhaften Umsetzung in Art. 3, weil sie von dem Fall des ‚großen Schuldners‘ und des ‚kleinen Gläubigers‘ ausgeht und den umgekehrten Fall „kleiner Schuldner“ / „großer Gläubiger“ außerAcht lässt und damit genau diejenigen Wirtschaftsteilnehmer benachteiligt, deren Schutz sie vorgeblich bezweckt. Wenn der ‚Große‘ dem ‚Kleinen‘ Zahlungsbedingungen aufzwingt, kann Letzteren dies finanziell belasten. Gesetzgeberisches Handeln kann aber denklogisch nur für den Fall angezeigt sein, in dem der ‚Große‘ Schuldner einer Geldzahlung ist und sich aufgrund seiner stärkeren Verhandlungsmacht lange Zahlungsfristen ausbedingt. Es darf aber nicht vergessen werden, dass lange Zahlungsfristen für die ‚Kleinen‘ sinnvoll sein können, wenn sie ihrerseits Schuldner einer Geldzahlung sind. Sie sind durch den Verordnungsvorschlag allerdings mehr belastet als bisher, weil sie für die Begleichung einer Rechnung maximal 30 Tage Zeit haben. Selbst dann, wenn der Vertragspartner mit einer längeren Zahlungsfrist einverstanden ist.

Gesetzgeberische Schranken stellen einen eklatanten Eingriff in die Privatautonomie dar. Um diese Schieflage zu vermeiden, ohne aber den Verordnungsvorschlag in Gänze zu verwerfen, empfehlen wir folgende Ergänzung in Art.3:

'Im Geschäftsverkehr darf die Zahlungsfrist 30 Kalendertage nicht überschreiten, gerechnet ab dem Tag des Eingangs der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung beim Schuldner, sofern dieser die Waren oder Dienstleistungen erhalten hat.' Ergänzung: 'Die Vereinbarung längerer Zahlungsfristen ist zulässig, wenn sie ausdrücklich getroffen und insbesondere im Hinblick auf die Belange der Vertragsparteien nicht grob unbillig ist.'“

Folgen

Zu den möglichen Folgen heißt es in der Stellungnahme:
„Gerade die ‚Kleinen‘ werden in Zukunft verstärkt Kredite aufnehmen müssen, wenn sie Rechnungen nicht innerhalb von 30 Tagen bezahlen können. Das bedeutet, der Gesetzgeber zwingt Unternehmen, Kredite aufzunehmen, die bei nach bisherigem Recht zulässigen längeren Zahlungsfristen (z.B. 90 Tage) nicht nötig sind. In dieser Hinsicht dient die Verordnung nicht dem scheinbar Schutzbedürftigen, sondern dem Bankensektor.“

Der Bundesinnungsverband Zweiradhandwerk vertritt die Interessen von 6.000 Fahrrad-/E-Bike- und Motorradhändlern und -reparaturbetrieben deutschlandweit.

13. November 2023 von Jürgen Wetzstein

Verknüpfte Firmen abonnieren

Bundesinnungsverband für das Deutsche Zweiradmechaniker-Handwerk
Nur für Abonnenten
News
Nur für Abonnenten
Kommentare
Nur für Abonnenten
Stellenmarkt
Velobiz Plus
Die Kommentare sind nur
für unsere Abonnenten sichtbar.
Jahres-Abo
115 € pro Jahr
  • 12 Monate Zugriff auf alle Inhalte von velobiz.de
  • täglicher Newsletter mit Brancheninfos
  • 10 Ausgaben des exklusiven velobiz.de Magazins
Jetzt freischalten
30-Tage-Zugang
Einmalig 19 €
  • 30 Tage Zugriff auf alle Inhalte von velobiz.de
  • täglicher Newsletter mit Brancheninfos
Jetzt freischalten
Sie sind bereits Abonnent?
Zum Login