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Leasing - Bedeutung für den Handel

Ist die Millionengrenze geknackt?

Das Fahrrad-Leasing gilt vielen heute als der Branchen-Motor schlechthin. Ohne diese Möglichkeit stünde die Fahrradwirtschaft insgesamt deutlich schlechter da. Neue Rekordzahlen belegen, welche Bedeutung dieser Bereich für den Handel bereits hat.

Um sich zu verdeutlichen, wie wichtig das Leasing-Geschäft geworden ist, muss man sich nur einmal die Fahrrad-Stückzahlen ansehen, die heute über diesen Weg auf den Markt kommen.
Im vergangenen Jahr 2023 dürfte der Leasing-Umsatz mit Fahrrädern nochmals stark gestiegen sein. Laut Branchenverband Zukunft Fahrrad hat dieser Zweig einmal mehr ein hervorragendes Jahr in den Büchern. Die ganz genauen Zahlen werden gerade noch erhoben, doch es ist schon jetzt klar, dass die Zahl der neu geleasten Fahrräder eine neue Rekordmarke erreicht haben wird.
Bei Zukunft Fahrrad geht man davon aus, dass »mindestens 900.000 Leasing-Fahrräder auf den Markt gekommen sind«, erklärt Elena Laidler-Zettelmeyer, die die Leitung für strategische Kooperationen im Verband innehat. Das ist die konservative Schätzung. Sollte es einen Schlussspurt gegeben haben, könnte die Zahl höher liegen. »Wenn es am Ende des Jahres gut gelaufen ist, könnte es noch in Richtung eine Million Leasing-Räder gehen«, lautet ihre Erwartung. »Es ist auf jeden Fall ein starker Anstieg im Vergleich zu 2022. Es könnte bereits sein, dass im Jahr 2023 über eine Million Fahrräder verleast werden. Wir landen aber wahrscheinlich knapp darunter.«
Florian Schöps ist Senior Consultant bei der BBE Handelsberatung und dort auf die Fahrradbranche fokussiert. Auch er hat die Bedeutung der Leasing-Anbieter genau im Blick. Im hauseigenen BBE-Panel, also im Kern die Erfa-Gruppen, die von den BBE-Handelsberatern betreut werden, hat er vergangenes Jahr abgefragt, wie hoch die Marktanteile der verschiedenen Leasing-Anbieter sind, wie viel ihres Umsatzes die Händler mit Leasing erwirtschaften und wie die Händler die Prozesse innerhalb des Leasing-Vorgangs bei den verschiedenen Anbietern eigentlich bewerten.

Großes Potenzial liegt noch brach

Wie sich zeigt, haben die Großen bereits einigen Vorsprung vor dem Wettbewerb herausgeholt. Die größten drei Fahrrad-Leasing-Gesellschaften vereinen zumindest im BBE-Panel über drei Viertel des Gesamtumsatzes im Leasing-Geschäft.
Dass das Fahrrad-Leasing sich trotz der bisherigen Erfolge noch längst nicht einer Sättigungsgrenze annähert, legt folgende Zahl nahe: Von all den Menschen, die die Möglichkeit haben, ein Fahrrad zu leasen, nutzen aktuell gerade einmal 5 Prozent diese Option.

Innerhalb von fünf Jahren hat sich der Leasing-Markt für Fahrräder verfünffacht. Längst ist man bei Stückzahlen angekommen, die die Branche bewegen.

Es spricht rein gar nichts dagegen, dass dieser Anteil in absehbarer Zukunft deutlich steigen könnte. »Ein Anstieg auf das Drei, Vier, Fünffache in den nächsten zehn Jahren wäre möglich«, sieht Schöps noch viel Potenzial. Dazu kommt, dass besagte 5 Prozent noch lange nicht 5 Prozent aller Menschen in Deutschland sind. Immer noch gibt es reichlich Menschen, die keinen Zugang zum Dienstrad-Leasing haben.
Insgesamt gibt es heute rund 100.000 Arbeitgeber, die ihren Beschäftigten ein Dienstrad-Leasing bieten, ebenfalls ein starker Anstieg binnen Jahresfrist. Dazu kommen mehrere Hundert Kommunen und Bundesländer, die zum Teil erst jüngst ihren Beschäftigten die Option eröffnet haben. »Ich finde es schön zu sehen, wie sich dieses Thema im gesellschaftlichen Bewusstsein entwickelt«, bemerkt Laidler-Zettelmeyer dazu. »Entwicklungspotenzial ist aber definitiv noch vorhanden«, meint sie angesichts der 10.753 Kommunen, 2056 Städte und 8697 Gemeinden ohne Stadtrecht insgesamt in Deutschland. Im Moment wird also nur ein Bruchteil des Potenzials genutzt und trotzdem ist Leasing schon höchst relevant.
Was man bereits jetzt sieht, sind die großen Unterschiede, die es zwischen dem Leasing von Fahrrad und Pkw gibt. Laut Jobrad übernehmen 97 Prozent der Menschen zum Ende des Leasing-Vertrags das Fahrrad, das ihnen die letzten drei Jahre (mehr oder weniger) treue Dienste geleistet hat. Das ist fast das genaue Gegenteil von dem, was im Automobil-Segment geschieht. Bei einer Umfrage des Bundesverbands der deutschen Leasing-Unternehmen (BDL) gaben von 1000 Unternehmensvertretern satte 65 Prozent an, dass als wichtigstes Argument für Leasing die Rückgabe des Objekts nach Ende der Leasing-Laufzeit spreche.
Diese 97 Prozent Übernahmen – bei den anderen Leasing-Gesellschaften wird sich die Quote in einem ebenfalls hohen Bereich befinden – bedeuten ganz beiläufig relativ schlechte Nachrichten für einen Geschäftszweig innerhalb der Fahrradwirtschaft, der nun schon seit Jahren auf seine Chancen wartet: das Geschäft mit den Leasing-Rückläufern. Wenn nur eine niedrig einstellige Prozentzahl der Räder zurückkommt, bleibt dieses Segment eine nur kleine Nische innerhalb der Fahrradwirtschaft. Die jetzt auslaufenden Leasing-Verträge von 2021, also immerhin knapp 450.000 an der Zahl, bedeuten nur magere 13.500 Fahrräder, die als Leasing-Rückläufer dieses Jahr auf den Markt kommen. Das ist angesichts des Gesamtmarktes keine allzu große Menge. Es ist auch der Grund, warum die in den Startlöchern stehenden Zweitvermarkter noch keine große Rolle spielen. Die hohe Übernahmequote ist das Resultat der attraktiven Restwertzahlungen, die für diese Räder fällig werden. Damit lässt sich nicht ausschließen, dass die Zweitvermarktung vor allem in privater Hand liegt und über Kleinanzeigen im Internet läuft.

Im BBE-Panel haben die größten drei Leasing-Anbieter bereits sehr große Marktanteile erobert. Genannt sind nur die Anbieter mit mehr als 3 Prozent Anteil.

Die hohe Übernahmequote hat aber noch eine andere Auswirkung, die noch wesentlich relevanter ist. Wer sein Leasing-Rad am Ende übernimmt, braucht nicht zwingend und sofort ein neues Leasing-Fahrrad. Richtig spannend wäre die Zahl der Menschen, die direkt nach Auslaufen des alten Fahrrad-Leasings einen neuen Leasing-Vertrag unterzeichnen. Was im Automobil-Bereich gang und gäbe ist, findet beim Fahrrad offenbar in deutlich geringerem Umfang statt.
Es gibt keine »offiziellen« Zahlen, wie häufig sich die Leasing-Nehmer übergangslos von einem zum nächsten Leasing-Rad schwingen. Allerdings kursiert eine Zahl, die zum Philosophieren einlädt: 15 Prozent der Kundinnen und Kunden würden direkt wieder ein neues Fahrrad leasen.

Große Unterschiede zwischen Pkw- und Fahrrad-Leasing

Wenn diese Zahl auch nur in der ungefähren Größenordnung zutrifft, dann bedeutet auch dies einen gewaltigen Unterschied zum Pkw. Beim Auto gibt es bei Dienstwagen häufig den nahtlosen Übergang von Neuwagen zu Neuwagen, beim Fahrrad wären 85 Prozent zumindest fürs Erste zufriedengestellt. Bedeutet das, dass Fahrräder ausgereift sind und kein Wechsel nach drei Jahren nötig ist? Transportiert ein Neufahrrad weniger Prestige als ein Neuwagen? Schauen die Menschen beim Fahrrad genauer aufs Geld und beim Pkw nicht? Lassen Handel und Leasing-Gesellschaften vielleicht viel Geschäft liegen, indem man nicht ausreichend die bestehende Leasing-Kundschaft mit Folgeangeboten umwirbt (siehe auch KPIs ab Seite 26)? Legen alle damit zu viel Wert auf das Neugeschäft und vernachlässigen die Bestandskunden? Wenn die Kundinnen und Kunden nicht direkt im Anschluss neu leasen, wann tun sie es dann?
Übrigens stand das Fahrrad bereits 2022 bei 3 Prozent am gesamten Leasing-Kuchen bei Mobilien (es gibt noch den sehr viel kleineren Leasing-Markt für Immobilien), der vom Leasing-Verband BDL insgesamt auf einen Wert von 58,3 Mrd. Euro Umsatz beziffert wird. Damit war man bereits gleichauf mit dem Leasing von Baumaschinen und dürfte sie inzwischen vermutlich überholt haben. Den größten Anteil haben Pkw mit 63 Prozent. In der Branchenstudie Fahrradwirtschaft 2023 von T3 und Zukunft Fahrrad kam man für das Jahr 2022 bereits auf einen Wert von 3,369 Mrd. Euro Umsatz durch Fahrrad-Leasing (das wären 5,7 Prozent). In jenem Jahr wurden 618.000 geleaste Fahrräder und E-Bikes gezählt. Das darf man beeindruckend finden. Nichts geändert hat sich in jüngster Zeit am bürokratischen Aufwand für den Handel, den das Leasing-Geschäft mit sich bringt. Jede Leasing-Gesellschaft kocht ihr eigenes Süppchen und ist überzeugt davon, dass man es viel einfacher eigentlich kaum machen kann.

Jobrad erhält die besten Noten im BBE-Panel für die Prozesse bei der Leasing-Abwicklung. Das eigentliche Problem für den Handel entsteht durch die Vielzahl der verschiedenen Prozesse, die alle beherrscht werden müssen.

Die unterschiedlichen Prozedere, insbesondere wenn es um den Service der Leasing-Räder geht, sorgen durch die Vielzahl der Leasing-Partner am Ende aber doch für eine hohe Komplexität aufseiten des Handels, die zu den bekannten Klagen über Bürokratie führt. In dieser Phase der Markterschließung gibt es nur wenig bis gar keine Zusammenarbeit zwischen den konkurrierenden Leasing-Gesellschaften. Eine Art von Initiative, um Prozesse und Vorgänge zu standardisieren, ist aktuell nicht bekannt.

Der Standort ist ein wichtiger Faktor beim Leasing-Geschäft

Ob ein Fahrradladen besonderen Erfolg mit dem Leasing-Geschäft feiert, hat laut Schöps nicht unbedingt etwas mit der Ladengröße zu tun. Es habe mehr damit zu tun, welche Einstellung der jeweilige Händler zum Leasing hat und wie man sich dafür ins Zeug legt. Die ersten Händler beschäftigen bereits Außendienstler, die bei Unternehmen Vorträge halten, um sie für die Angebote zu gewinnen, und übernehmen die Abwicklung.
»Ganz entscheidend ist auch die geographische Lage«, stellt Schöps fest. Wer in einer industriell starken Region sein Fahrradgeschäft betreibt, habe höhere Leasing-Anteile als in einer Gegend ohne Industrie. Bei den von BBE betreuten Händlern liegt der Anteil von Leasing am Gesamtumsatz im Schnitt bei über 36 Prozent. Aus den genannten Standortgründen kann diese Zahl nicht als Richtwert dienen. Auch beobachtet er, dass jüngere Fahrradgeschäfte von vornherein größeren Wert auf Leasing legen, als es manche alte Hasen tun, die sich auf ihre ohnehin vorhandene Kundenfrequenz verlassen können. »Wir sind jetzt an einem Scheideweg. Jetzt ist eine sehr gute Zeit, um aktiv zu werden«, sieht er die Zeichen der Zeit für stärkeres Engagement im Leasing, gerade in dieser harten Phase.
Das Feld des Fahrrad-Leasings ist ein sehr spannendes. Es gibt erhebliche Veränderungen von Jahr zu Jahr, die gleichzeitig von großer Bedeutung für die Fahrradbranche sind. Diese Entwicklung weiter zu verfolgen wird für alle Marktteilnehmer eine faszinierende Aufgabe sein. Gleichzeitig ist sie eine notwendige, denn wer nicht aufpasst, könnte leicht den Anschluss verlieren. //

28. Februar 2024 von Daniel Hrkac

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