
Mobilität in Deutschland:
Mehr Radverkehr – langsam, aber sicher?
Es ist die vierte Ausgabe der umfassenden Untersuchung „Mobilität in Deutschland“ , die seit 2002 veröffentlicht wurde. Die Studie zeigt zum vierten Mal in Folge, dass die Verkehrsbeteiligung, aber auch die Verkehrsmengen von Fahrrad- und E-Bikes zugenommen haben. Mitunter sind die Zuwächse seit der letzten Ausgabe der Studie fürs Jahr 2017 jedoch eher moderat. Der Anteil des Fahrrads liegt bei 11,2 Prozent an den Alltagswegen und 3,9 Prozent an den zurückgelegten Personenkilometern. Das ist eine kleine Steigerung gegenüber den Werten von 10,9 Prozent beziehungsweise 3,5 Prozent aus dem Jahr 2017. Selbst gegenüber den Ausgangswerten von 2002 liegen die Alltagswege nur 1,9 Prozentpunkte und der Anteil der Personenkilometer um 1 Prozentpunkt höher.
Auch wenn die Fortschritte prozentual gesehen geringfügig scheinen mögen, betont Burkhard Stork, Geschäftsführer des Zweirad-Industrie-Verbands: „Das ist ein gutes Ergebnis. Fahrrad- und E-Bike haben ihre Bedeutung weiter ausgebaut. Weil in den 21 Jahren seit 2002 die Verkehrsmenge – also die insgesamt zurückgelegten Personenkilometer – massiv gewachsen ist, ist das absolute Wachstum des Fahrradverkehrs noch deutlich größer als hier in den Prozentzahlen unmittelbar zu erkennen.“ Auch in seiner Prognose bleibt der ZIV optimistisch. Stork: "Wir sehen, dass Fahrrad und E-Bike sich weiter durchsetzen konnten – und das wird sich in den kommenden Jahren auch fortsetzen. Wenn jetzt die kommende Bundesregierung und die Politik über alle Ebenen, bis hinein in die Kommunen, den Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur kräftig vorantreiben, werden wir in der MID 2028 noch viel bessere Zahlen sehen können."
Der Blick auf die absoluten Zahlen macht die Entwicklung des Radverkehrs greifbarer. Die Personenkilometer liegen bei 118 Millionen Kilometern pro Tag (2017: 112). Auch die zurückgelegten Wege auf dem Rad sind im Mittel länger geworden. Verbesserungen zeigen sich etwa in Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Hessen, Baden-Württemberg. Beispielsweise in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Berlin, Sachsen und Thüringen gibt es hingegen Verschlechterungen in Sachen Radverkehr.
Infrastruktur macht unzufrieden
Der ländliche Raum fällt mit einem Rückgang des Radverkehrsanteils um einen Prozentpunkt auf 6 Prozent weiter ab. Mit Ausnahme des Autoverkehrs zeigt sich bei allen gefragten Verkehrsträgern (ÖPNV, Rad- und Fußverkehr), dass die Zufriedenheit mit der Verkehrssituation vor Ort ungeachtet der Größe der Städte abgenommen hat.
Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) zeigt sich recht kritisch gegenüber den Ergebnissen von MiD.
Die Unzufriedenheit mit der Infrastruktur liege daran, dass der Radverkehr in mittleren und großen Städten zunimmt, die Infrastruktur aber nicht Schritt hält. Zu schmale, holperige oder abrupt endende Radwege und Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmern seien hier die prägenden Faktoren. So würden Menschen vom Radverkehr abgeschreckt.
Das Ziel von 223 Millionen Personenkilometern im Jahr 2030, welches die Bundesregierung 2019 im Nationalen Radverkehrsplan 3.0 festgelegt hatte, sei mit dem Tempo der aktuellen Entwicklung nicht zu erreichen. ADFC-Bundesgeschäftsführerin Dr. Caroline Lodemann sagt: „Die gute Nachricht ist: Dort, wo der Radverkehr seit Jahren ernstgenommen und kräftig ins Radwegenetz und die Anbindung an den Nahverkehr investiert wird, dort wächst er auch. Das sieht man sehr gut im Norden Deutschlands, aber auch im Südwesten. Das sollte Ansporn für die nächste Bundesregierung sein, den Radverkehr im Sondervermögen Infrastruktur fest zu verankern – und die Mittel auf die jährlich notwendige Fahrradmilliarde aufzustocken. Besonderes Augenmerk braucht dabei der ländliche Raum. Auch in kleineren Orten und auf dem Land wollen die Menschen freie Verkehrsmittelwahl haben und gesund und klimafreundlich mobil sein können. Die nächste Bundesverkehrsministerin, der nächste Bundesverkehrsminister muss den Radverkehr ernstnehmen. Vernünftige, moderne Verkehrspolitik kommt am Potenzial des Radverkehrs nicht vorbei.“ Positiv wertet der ADFC den Einfluss der E-Bikes. Deren Besitzanteil unter den Haushalten ist seit 2019 von 8 auf 21 Prozent gestiegen.
Die Gesamtstichprobe von MiD lag im Untersuchungszeitraum zwischen Mai 2023 und Juli 2024 bei knapp 220.000 befragten Haushalten. Insgesamt konnten die Studienmacher über eine Million Wege auswerten.
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