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Interview - Deutsche Dienstrad - Maximilian Diem

„Wir werden einen klaren Trend nach oben sehen“

Wenn ein Dienstrad-Leasing-Anbieter eine eigene Plattform namens »Mobility-Hub« aufbaut, über die Fahrräder und E-Bikes über Fachhandelspartner geleast werden können, dann könnte der erste Reflex ein Achselzucken sein: Was ist schon dabei? Etablierte Portale gibt es schließlich schon einige. Wenn man dann aber bemerkt, dass über diese Plattform von Beginn an eine
Million Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für das Dienstrad-Leasing registriert sind und immer wieder direkt angesprochen werden können, ist plötzlich Musik in diesem Modell. Deutsche-Dienstrad-Geschäftsführer Maximilian Diem gibt Auskunft, wie die Plattform für den Handel funktioniert und welches Potenzial er dort
und im Leasing insgesamt sieht.

Was gab den Anstoß, die Entwicklung des Mobility-Hubs voranzutreiben?

Maximilian Diem: Die Aufgabenstellung für uns lautete: Wie können wir den Dienstrad-Leasing-Prozess fachhandelsorientiert so verändern, dass wir dem veränderten Nutzer- und Suchverhalten der Verbraucher Rechnung tragen? Heute informieren sich über 80 Prozent der Endkunden vorab online. Diesen Kaufprozess wollten wir so gestalten, dass er keine Herausforderung ist, sondern über Click & Lease möglichst effektiv zum regionalen Fachhandel führt, mit dem gemeinsam und für den wir diesen Marktplatz aufbauen. Der Mobility-Hub ist entstanden unter der Vorgabe »support your local dealer«.

Wie funktioniert der Mobility-Hub genau?

Click & Collect kennen viele. Click & Lease über einen Marktplatz, der alle verfügbaren Räder anzeigt, aber noch nicht. Viele Händler haben gar keine eigene Webseite und sind da schlecht aufgestellt. Die Verbraucher wollen aber einen Überblick über deren verfügbare Produktpalette. Deshalb war es uns besonders wichtig, dass wir eine vollumfängliche Übersicht aller verfügbaren Räder unserer angebundenen Fachhändler in Echtzeit zeigen, den Kunden eine freie Auswahl an Marken, Produkten und aktuellen Preisen bieten und dabei zugleich ausnahmslos jedem Händler die Möglichkeit eröffnen, seine Produktpalette bei uns anzubieten. Der Prozess sieht so aus: Ein Unternehmen kommuniziert, dass es den Mitarbeitenden Dienstrad-Leasing anbietet. Das erste, was die Beschäftigten sehen, ist der Shop der Händler, der aktuell über 50.000 Fahrräder enthält. Dort können sie sich ihr Wunschrad aussuchen und mit zwei Klicks leasen. Dann entscheiden sie, ob sie sich das Rad nach Hause schicken lassen, zum Arbeitgeber oder zum Fahrradhändler, wo sie sich ihr Rad noch mal einstellen und fitten lassen können. Unsere Kunden sehen die Angebote über Push-Nachrichten. Es ist damit ein geschlossenes B2B-System, wo die Räder der verschiedenen Fahrradhändler zu sehen sind, an deren Warenwirtschaftssysteme wir angeschlossen sind.

»In Zukunft werden 40 bis 50 Prozent des Werkstattgeschäfts über Finanzierungsproduktelaufen.«

Maximilian Diem

Was war dem Handel besonders wichtig bei der Ausgestaltung?

Händler wollen die Preishoheit behalten. Die letzten Jahre war es so, dass die Kunden ohne große Verhandlungen die UVPs gezahlt haben, dieses Jahr erwarten wir, dass es wieder Rabatte im Markt geben wird. Bei unserem Marktplatz haben die Händler die Möglichkeit, zum UVP anzubieten, er kann aber auch unter diese Preisempfehlung gehen. Wir geben diese Preisvorteile eins zu eins an die Endverbraucher weiter. Ein großer Vorteil für den Handel ist es, dass über den Mobility-Hub bundesweit eine Million Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Räder der teilnehmenden Händler sehen. Für diese ist es sexy, bundesweit ihre Ware anbieten zu können.

Wie funktioniert das, wenn ein Kunde in München ein Rad leasen möchte, das es nur ein Mal in Hamburg gibt?

Dann gibt es natürlich die Möglichkeit, das Fahrrad aus Hamburg nach München zu senden. Bei uns steht immer der Kunde im Mittelpunkt. Optional kommt dann ein Dienstleister zum Kunden und weist ihn ein. Der weitere Service erfolgt über einen Händler vor Ort. Alle Händler, die mit uns zusammenarbeiten, müssen auch einen Service für diese Räder anbieten. Es gäbe auch die Option, den Service mobil zu bekommen, bei dem ein Dienstleister diesen vor Ort erledigt.
Für den Handel ist das Portal der bundesweite Zugang zu Kunden. Bei der Anzeige der Produkte geht bei uns aber Regionalität vor Preis. Wir stellen zunächst den Händler ins Schaufenster, in dessen Nähe die Kunden wohnen. Die Kunden können natürlich auch weiter zum Händler vor Ort und dort das Leasing machen. Es soll nur so sein, dass sie alle Möglichkeiten haben.

Wie ist der Handel in diesen Prozess eingebunden? Wie ist die bisherige Resonanz auf den Mobility-Hub? Welche Vorteile haben Händler davon? Gibt es Nachteile?

Ehrlicherweise müssen wir sagen, dass wir Händler adressieren, die über ein Warenwirtschaftssystem verfügen. Die gängigen Systeme, im Moment sind acht eingebunden, werden mit wenigen Mausklicks integriert. Dann kann der Händler entscheiden, welche Produkte angezeigt werden sollen. Wenn sich dann jemand online für ein Rad entscheidet, wird es direkt aus dem System ausgebucht. Für Händler ist das die Möglichkeit, auf verschiedenen Plattformen verschiedene Preispunkte zu testen. Ich erwarte, dass sich Händler in den nächsten Jahren noch viel intensiver mit diesen digitalen Themen beschäftigen werden, weil der Verkauf nicht mehr so einfach sein wird, wie es in den letzten Jahren der Fall war. Der Mobility-Hub ist jetzt seit August online. Aktuell haben wir 50.000 Räder auf der Plattform mit stark steigender Tendenz, die Großen binden wir gerade erst ein. Da ist Musik drin.

Maximilian Diem, hier mit Co-Geschäftsführerin und Ehefrau Christina Diem-Puello sieht das Leasing auch in nächster Zukunft als Treiber im Fahrradabsatz und in der Werkstatt.

Das Leasing-Geschäft ist ein wichtiger Treiber der Fahrrad-, insbesondere der E-Bike-Mobilität geworden. Wie wird sich das Fahrradleasing weiter entwickeln? Lässt sich das Wachstum der vergangenen Jahre noch in die Zukunft weiterzeichnen?

Ja, das Wachstum wird weitergehen und ja, ich glaube, das Thema Leasing wird einen maßgeblichen Anteil am gesamten Neugeschäft bei E-Bikes und Neurädern haben. Ich kann mir vorstellen, dass das in die Größenordnung 50 Prozent und mehr weitergehen wird. Wie komme ich darauf? Das ist kein Blick in die Glaskugel, sondern wir merken aus den letzten Jahren, dass die meisten Unternehmen, die Leasing angeboten haben, nicht in der Tarifbindung waren. Wir haben im Markt aber so viele Tendenzen, dass viele Tarifgebiete von IG Metall über Verdi bis Genussmittel, also ganz große Gewerkschaften, sich dem Fahrrad-Leasing öffnen. Der größte Arbeitgeber in Deutschland ist die öffentliche Hand. Die haben schon vor zwei Jahren geöffnet, was gerade zu einem starken Push führt, und auch die Länder werden sich diesem Thema öffnen. Das heißt, wir werden den adressierbaren Markt für das Fahrrad-Leasing stark erweitern. Die Menschen sind heiß auf das Fahrrad, deswegen bin ich der Überzeugung, dass wir kurz- und mittelfristig einen klaren Trend nach oben sehen werden.
Auch interessant dabei ist, dass wir ja gerade in einer Krisensituation als Branche sind. Ein Branchenveteran, der schon mehrere Krisen hinter sich hat, erklärte mir jüngst, dass die Gretchenfrage dabei ist, ob die Verbraucher dann am Fahrrad sparen oder mit dem Fahrrad sparen. Die Krisen der Vergangenheit haben gezeigt, dass eigentlich nicht am Fahrrad gespart wird. Der Gesamtmarkt wird vielleicht stagnieren im kommenden Jahr, das Leasing-Geschäft wird auf jeden Fall steigen. Wir sind die Mobilitätswende, da findet gerade ein Umdenken statt.

Manche Marktteilnehmer erwarten, dass schon bald ein Viertel aller Werkstattaufträge in den Radläden durch das Fahrrad-Leasing entsteht. Wie wichtig ist eigentlich der Service-Bereich für das Leasing-Geschäft? Wie stellt sich die Erwartung einer Service-Komponente im Alltag der Leasing-Anbieter dar?

Es ist das Wichtigste. Die Leute möchten den Fachhändler, die Leute wollen den Service, sie wollen die Inspektionen. Weit über 95 Prozent der Räder unserer Kundinnen und Kunden werden mit Service geleast und die Menschen fragen es auch aktiv nach. Es ist ein ganz entscheidender Faktor. Ich bin der festen Überzeugung, dass in Zukunft 40 bis 50 Prozent des Werkstattgeschäfts über Finanzierungsprodukte laufen wird, weil der Service ja in der Leasing-Rate enthalten ist und die Verbraucher praktisch die Hälfte kostet. Somit haben sie hier den Ersparnishebel aus der Sozialversicherung.

Während Händler sich im Alltag über das Leasing-Geschäft freuen, klagen sie oft über die mit dem Dienstrad-Leasing verbundene Bürokratie und insbesondere über die bei jedem Anbieter verschiedenen Prozesse. Gibt es Ideen, wie die Leasing-Branche als Ganzes dem Handel dort entgegenkommen kann? Warum sind diese Prozesse so verschieden?

Es ist kompliziert. Es gibt keinen einheitlichen Branchenstandard. Ich vergleiche das gerne mit Schnittstellen. Es gibt keine Branchenlösung und Standards, die sich durchgesetzt hätten. Man darf dabei auch nicht vergessen, dass wir eine sehr junge Branche sind, die es erst seit zehn Jahren gibt und erst seit drei Jahren so richtig etabliert ist. Es ist einfach noch zu früh, das standardisiert festzulegen. Der Grundprozess ist bei allen mehr oder weniger vergleichbar. Aber jeder hat seine eigenen Themen, die ihm wichtig sind und wahrscheinlich wird jeder auch zukünftig eine Sonderlocke haben. Die Abwicklung ist aber schon jetzt für den Handel viel einfacher, als sie es vor zwei oder drei Jahren noch war. Wir haben etwa das digitale Gutschriftenverfahren, wo alles voll automatisiert ins Hintergrundsystem integriert ist. Da bekommt der Händler zum Beispiel von uns eine Mitteilung, dass er der Kundin ein Fahrrad mitgeben kann. Weiterer administrativer Aufwand entsteht nicht. Ich glaube nicht, dass es noch viel einfacher gehen kann, auch wenn es eine Branchenlösung geben sollte. Eines können wir alle im Leasing: Wir digitalisieren ohne Ende. //

21. Februar 2023 von Daniel Hrkac

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